Der kleine Bruder des Sony WH-1000XM5 überzeugt durch seinen attraktiven Preis. Sony gelingt hier ein gut klingendes Over-Ear-Modell für den Alltag. Und das mit praxisgerechter Bedienung und Laufzeit, das die Vorzüge der geschätzten Noise-Cancelling-Technik des Herstellers ohne allzu deutliche Abstriche in eine deutlich niedrigere Preisklasse portiert.
- effizientes Noise Cancelling
- günstiger Preis bei guter Klangqualität
- praxisgerechte Laufzeit
- Fehlen höherwertiger Audio-Codecs
- bedeckter Klang im passiven Kabelbetrieb
Die verschiedenen Generationen der Sony-WH-1000-Serie haben die Messlatte für ein effizientes Noise Cancelling hoch gelegt, fallen allerdings nicht in jedes Budget. Der Sony WH-CH720N soll das ändern, denn er ist eine ausgesprochen preisgünstige Over-Ear-Konstruktion, die auf ein durchaus vergleichbares Noise Cancelling zurückgreift. Da darf man gespannt sein …
Der Sony WH-CH720N ist in mattem Weiß, Blau und Schwarz erhältlich und mit 192 Gramm ein echtes Leichtgewicht. Die Kunststoffkonstruktion fühlt sich durchaus robust genug für den Alltag an und sieht dazu recht ansprechend aus. Sie erinnert tatsächlich an die Modelle WH-1000XM5 und WH-1000XM4, ist in der Ausführung aber erwartungsgemäß weniger wertig. Zum Beispiel fallen die Kunstlederpolsterungen weniger kräftig aus und sind im Falle der Hörmuscheln auch nicht komplett makellos verarbeitet. Bei der Verpackung achtet Sony inzwischen auf eine möglichst schadstofffreie Lösung und entscheidet sich bei der Konstruktion, laut Hersteller, überwiegend für recycelte Kunststoffmaterialien – keinesfalls selbstverständlich.
Das kann der Sony WH-CH720N
Kaufargument für den Sony WH-CH720N ist das Noise Cancelling und die zugehörige Ambient-Funktion, mit der man die Umgebung zur besseren Orientierung und zur Kommunikation wieder zurück auf die Ohren bringen kann. In diesem Bereich soll sich der günstige Neuling an die Qualität der aktuellen Sony-Topmodelle anlehnen. Hinzu kommen eine beachtliche Laufzeit des Akkus von bis zu 35 Stunden, ein möglicher Kabelbetrieb und eine Multipoint-Unterstützung. Zur Klangwiedergabe kommen dynamische Treiber mit einem Durchmesser von 30 mm zum Einsatz, die allerdings nicht dem WH-1000XM5 entsprechen, in dem beispielsweise Neodym-Magnete arbeiten.
Klare Einsparungen gibt es bei den Audio-Codecs. Der WH-CH720N bietet die Grundausstattung SBC und AAC, verzichtet jedoch auf den hauseigenen hochwertigen LDAC-Codec. Allerdings lässt er sich auch im Kabelbetrieb und damit ohne die Begrenzungen der Bluetooth-Funkstrecke betreiben.
Das Testgerät verzichtet ferner auf eine Touch-Bedienung und setzt stattdessen auf eine Reihe von Funktionstasten an den Hörmuscheln. Dies empfinde ich abseits des praktischen temporären Ambient-Modus der WH-1000-Modelle nicht zwingend als Nachteil, sondern eher als geschmackliche Präferenz.
Die kostenlose App „Headphones Connect“ (iOS, Android) ist bewährt. Sie liefert neben Updates (Stand der Firmware 1.08) eine deutliche Erweiterung der Funktionalität mitsamt einer Visualisierung des Akkustands. Hier lässt sich etwa die hauseigene Klangverbesserung für das MP3-Format „Digital Sound Enhancement Engine“ (DSEE) aktivieren oder besagte Multipoint-Verbindung, um den Kopfhörer im Wechsel mit zwei Zuspielern zu nutzen. Weiterhin lässt sich eine Optimierung der Wiedergabe des Sony 3-D-Audioformats „360 Reality Audio“ für verschiedene Streaming-Dienste konfigurieren. Im Fokus steht aber vor allem die Steuerung der Noise-Cancelling- und Ambient-Funktionen sowie des 5-Band-Equalizers mit ergänzendem Clear-Bass-Regler, der über unterschiedliche Presets und editierbare Nutzereinstellungen verfügt.
Der Sony WH-CH720N in der Praxis
Der Tragekomfort ist dank des geringen Gewichts und längenverstellbaren Kopfbügels mit Polsterung sowie der ebenfalls gepolsterten, dreh- und kippbare Hörmuscheln gut. Die Kunstleder-Außenfläche ist weich, bei gleichzeitig sicherem Sitz, der auch bei längeren Hörsitzungen nicht stört. Der Kopfhörer ist nicht faltbar und muss entsprechend bei Nichtnutzung um den Hals getragen oder verstaut werden. Eine Tragetasche gehört nicht zum Lieferumfang.
Wie erwähnt kommen zur Funktionssteuerung sowohl Tasten an den Hörmuscheln als auch die App zum Einsatz. Auf der Unterseite der linken Hörmuschel befindet sich der Ein- und Ausschalter, mit dem sich das Pairing initiieren lässt. Hier befindet sich auch der USB-C-Lade- sowie der Miniklinkenanschluss für den möglichen Kabelbetrieb.
Auf der rechten Seite befindet sich eine Multifunktionstaste, die von zwei weiteren Schaltern zur Lautstärkesteuerung umgeben ist. Hinzu kommt ein dedizierter Taster, der zwischen den Betriebsarten für das Noise Cancelling umschaltet (konfigurierbar über die App).
Die Multifunktionstaste übernimmt beim Musikhören die Start/Stop-Funktion und das Track Skipping. Sie dient aber auch dem Abwickeln von Telefonaten sowie dem Aufruf eines Sprachassistenten im Smartphone. Neben Siri werden auch Alexa und Google unterstützt.
Apropos Telefonate: Im WH-CH720N kommen sprachoptimierte Richtmikrofone zum Einsatz, die zudem gegen Wind geschützt sein sollen. In der Praxis ist die Gesprächsqualität gut und das Testgerät nicht nur unterwegs, sondern auch im Büroalltag ein zuverlässiger Partner. Hier ist neben der Multipoint-Verbindung auch das Noise Cancelling hervorzuheben, das den Fokus auf die Gespräche oder einfach nur die Arbeit legt.
Ein wichtiges Kaufargument bei mobil nutzbaren Kopfhörern ist deren Laufzeit. Sony gibt für den WH-CH720N eine Laufzeit von bis zu 35 Stunden bei aktiviertem Noise Cancelling jedoch ohne DSEE an. Das sollte auch für tagelange Reisen genügen. In der Praxis kann ich diese Angaben in etwa bestätigen, womit der Kopfhörer bezüglich seiner Laufzeit im mobilen Alltag besteht.
Schließlich sind auch die Pairing-Geschwindigkeit, die Stabilität der Funkstrecke und die Reichweite tadellos praxisgerecht.
So gut ist das Noise Cancelling des Sony WH-CH720N
Im Sony WH-CH720N arbeitet neben zwei Mikrofonen pro Seite ein latenzarmer Signalprozessor (V1), der auch im WH-1000XM5 für gute Ergebnisse sorgt. Der dort und in den Modellen WH-1000XM4 und -XM3 verbaute zusätzliche Prozessor QN1 fehlt jedoch. Dennoch: Die Performance ist überzeugend. Auf Knopfdruck schafft man einen Ruheraum, der die Umgebungsgeräusche wirkungsvoll absenkt, ohne dabei einen Tauchglockeneffekt hervorzurufen. Statische und insbesondere tieffrequente Geräusche verschwinden weitgehend, aber auch große Anteile von Hintergrundgesprächen und anderen Geräuschen. Der einhergehende Komfort ist etwa bei Reisen in der Bahn bemerkenswert. Natürlich gibt es auch Grenzen. So verschwindet das markante Klappern der eigenen Computertastatur nicht, wird aber immerhin deutlich abgesenkt. Auch ist ein geringes Grundrauschen zu hören, dass jedoch im Alltag in der Regel und beim Musikhören untergeht. Mit direktem Wind kann die Schaltung nicht umgehen, denn hier kommt es zu ungewollten Nebengeräuschen. Auch wenn das Noise Cancelling in seiner Intensität nicht regelbar ist, erreicht Sony hier angesichts der Preisklasse ein Bestergebnis. Auch die Ambient-Funktion, die über die Mikrofone Außengeräusche mit regelbarem Pegel zurück auf die Treiber gibt, bei Bedarf mit zusätzlichem Fokus auf Sprache versieht, überzeugt. Dank dedizierter Umschaltung lässt sie sich hinreichend zügig aktivieren.
Unerwartet für mich wurde auch die adaptive Anpassung des Noise Cancelling in den WH-CH720N übernommen. Für vier Bewegungsmuster (Verweilen, Spazieren, Laufen, Beförderung) lässt sich das Noise Cancelling ein- und ausschalten beziehungsweise zur konfigurierbaren Ambient-Funktion wechseln. Diese Umschaltung kann automatisch erfolgen und sogar vom Verhalten des Anwenders lernen. Ebenfalls gibt es die Möglichkeit, die Umschaltung auf der Basis von Standortdaten erfolgen zu lassen. Mir selbst reicht in der Regel die einfache, manuelle Umschaltung am Kopfhörer, bei der sich über die App auch bestimmte Modi deaktivieren lassen.
Der Klang der Sony WH-CH720N
Angesichts des explizit günstigen Preises sollte man von audiophilen Klangansprüchen absehen. Nichtsdestotrotz liefert die dynamische Over-Ear-Konstruktion eine beachtliche Leistung ab. Es klingt ausgewogen und druckvoll, mit einer leichten Bassbetonung, die im mobilen Einsatz aber nicht von Nachteil sein muss.
Bereits die passive Geräuschdämmung ist gut, sodass man zu Hause durchaus das Noise Cancelling deaktivieren kann. Unterwegs jedoch schafft die Schaltung in den meisten Situationen einen verbesserten Ruheraum, der den Fokus auf die Musik lenkt und auch ohne echte Klangeinbußen einhergeht.
Der Sony WH-CH720N liefert bei Bedarf satte Pegel, ohne dabei aus dem Tritt zu kommen. Im Bass gibt er eine beeindruckende Vorstellung ab. Auf Adel Tawils „Katsching“ kann man die unterschiedlichen Tonhöhen und Ausklingphasen der gestimmten TR-808 bestens nachvollziehen. Es reicht bis in den Tiefbass hinab und bleibt auch dort hinreichend konturiert. Obwohl der Bass in solchen Produktionen ziemlich mächtig daherkommt, leidet das Mittenspektrum nicht. Tawils Stimme bleibt stets klar verständlich. Gleiches gilt für Whitney Houstons leicht raumumhüllte Stimme auf „Until You Come Back“. Die nötige Nähe und ein durchaus realistisches Timbre liefern auch einzeln aufgenommene akustische Instrumente. Geht es in den akustischen Jazz, zeigt sich auch die gute Dynamikabbildung des Kopfhörers.
Auch bei dichteren Mischungen wie Daft Punks „Get Lucky“ behält der WH-CH720N die Ruhe und löst das Zusammenspiel der etlichen Instrumente mehr als zufriedenstellend. Auch hier fällt auf, dass der Bass eben nicht die Mitten störend überstrahlt. Vielmehr arbeitet er neben den Details auch den Klangcharakter der Mischung heraus. So klingt „Can’t Stand Still“ von AC/DC dann deutlich straffer und offener. Schließlich besteht der Kopfhörer auch die Testrunde mit unterschiedlichen Metal-Produktionen mit guten Ergebnissen.
Zu guter Letzt zeigt sich das Testgerät in den Höhen offen und detailreich. Härten werden vermieden und sind auch bei Produktionen wie bei „Toxic“ von Britney Spears kaum störend. Durch die schnelle Ansprache ergibt sich ein transparentes Klangbild, das auch die Bühne in ihrer Breite sicher und mitsamt eventueller Bewegungen abbildet. Einen edel silbrigen Hauch in den Obertönen kann man in dieser Preisklasse nicht erwarten, ebenso wenig eine explizit herausgearbeitete Raumtiefe.
In diesem Zusammenhang möchte ich den Nutzen des Equalizers hervorheben, mit dem man den Grundklang geschmacklich abstimmen kann. So senkte ich die beiden Höhenbänder jeweils gering ab, um dem Klangbild eine gewisse Schärfe zu nehmen.
Die passive Wiedergabe per Kabelverbindung sollte man als Rückfallszenario für Situationen betrachten, in denen der Akku seinen Leerstand erreicht hat. Der Kopfhörer klingt hierbei in den Höhen bedeckt und topfig in den Mitten. Schaltet man die Elektronik wieder ein, wirkt das Klangbild unmittelbar lauter, druckvoller und transparenter. Es wird klar, wie sehr der Signalprozessor in das Klanggeschehen eingreift, was nicht unbedingt für die Qualität der Basiskonstruktion spricht.
Der klangliche Zugewinn bei hochwertigem Quellmaterial (hier Tidal Master via AAC) über die DSEE-Schaltung ist hingegen gering und teilweise kaum wahrnehmbar. Ich meinte, eine leicht besser Kontur bei der Wiedergabe und folgend eine bessere Auflösung in den Details zu erkennen und habe die Schaltung daher in der automatischen Betriebsart belassen.
Fazit
Wer sich bislang um die Investition in den Sony WH-1000XM5 gedrückt hat, kann nun den kleinen Bruder Sony WH-CH720N erwerben, der mit einem hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnis auftrumpft. Man erhält einen druckvoll klingenden Over-Ear-Kopfhörer mit effizientem Noise Cancelling und Ambient-Funktion, der sich als toller Partner für Reisen, den öffentlichen Nahverkehr oder den Büroeinsatz eignet, mit dem man sich aber auch zuhause etwas Ruhe gönnen kann. Im Gegenzug verzichtet man auf die Touch-Steuerung und macht Abstriche bei den Treibern und der Verarbeitung. Wer nach einem Budget-Over-Ear-Modell sucht, sollte hier näher hinsehen.
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Technische Daten
- BauformOver-Ear
- Bauweisegeschlossen
- Wandlerprinzipdynamisch
- Audio-Übertragungsbereich (Hörer)7 - 20.000 Hz
- Impedanz31 - 325 Ohm
- Gewicht ohne Kabel192 g
- Kabellänge120 cm
Lieferumfang
- USB-C-Ladekabel
Besonderheiten
- in Schwarz, Blau und Weiß erhältlich
- BT-Codecs: SBC, AAC
- BT-Version: 5.2
- BT-Profile: A2DP, AVRCP, HFP, HSP
Danke für den Test. Ich frage mich allerdings, wie gut die Telefonqualität bei den Headphones ist, gerade hinsichtlich des Verhaltens in lauterer Umgebung.
Ich wünschte mir, dass das ein Aspekt wäre, der bei jedem Test mitbeachtet werden würde. Für mich ist das am Ende ein wesentliches Kaufkriterium.
Kein Spritzwasserschutz. Somit als nicht klappbarer Kopfhörer mobil vollkommen ungeeignet. Bei Regen passt er in keinen Rucksack.
Aber wieso soll der Kopfhörer denn nicht in einen Rucksack passen? 😉