Mit dem HDV 820 verfolgt Sennheiser ein geradliniges und audiophiles Konzept. Das Produkt ist eine stimmige Folgerung aus der Teilnahme des Herstellers am Markt hochwertiger Kopfhörer, denen man eben sinnvollerweise auch entsprechend herausragende und abgestimmte Verstärker zur Seite stellt. Die Preise in dieser Kategorie sind zweifelsfrei hoch. Das gilt jedoch vollumfänglich auch für die klangliche Leistung, die tatsächlich makellos ist und für höchstes Vergnügen beziehungsweise einen unbestechlichen Bewertungsgrund im professionellen Bereich sorgt. Der HDV 820 adressiert die Gruppe von Klangkennern, die von ihrer Wiedergabekette die bestmögliche Leistung fordern. Bekanntermaßen steigt der technische Aufwand für die letzten Prozent Leistung deutlich, was sich eben auch in einem gehobenen Preis äußert.
Mit den Modellen HD 800 S (zum Test) und HD 820 verfügt Sennheiser über erstklassige Kopfhörer, die sich an anspruchsvolle Musikliebhaber wenden. Da darf der zugehörige Kopfhörerverstärker im Angebot des niedersächsischen Herstellers natürlich nicht fehlen:
Der HDV 820 ist in einem edlen, flachen, schwarz eloxierten Gehäuse mit internem Netzteil untergebracht und ist damit auch optisch ein passender Partner zum HD 800 S.
Die Frontseite bietet einen großen Lautstärkeregler, einen weiß umrandet beleuchteten Netzschalter, eine fünffache Quellenwahl mit weißen Status-LEDs sowie insgesamt vier Kopfhörerausgänge: eine Kombibuchse für XLR- und 6,3-mm-Stecker, eine XLR-4-Buchse und zwei 4,4-mm-Pentaconn-Buchsen – die letztgenannten sind dabei für einen symmetrischen Betrieb ausgelegt, bei der das Nutzsignal gegenphasig über zwei Adern übertragen wird, was die Empfindlichkeit gegenüber externen Einstreuungen herabsetzt und höhere Lautstärken ermöglicht.
Der HDV 820 bietet neben einem explizit hochwertigen Analogteil, der im Unterschied zum Kopfhörerverstärker des Orpheus HE 1 auf eine rein transistorisierte Schaltung setzt, auch einen hochkarätigen D/A-Wandler mit USB-2.0-Rechneranbindung. Er ist daher mit einem Preisschild von 2.399 Euro auch oberhalb des inzwischen abgekündigten, rein analog ausgeführten Modells HDVA 600 angesiedelt.
Für das Signal wählt man zwischen analog unsymmetrisch (Cinch), symmetrisch (XLR) sowie den digitalen Quellen USB 2.0, S/PDIF optisch und S/PDIF koaxial. Zum Einsatz auf digitaler Seite kommt der ESS-SABRE32-D/A-Wandler, der Auflösungen bis 32 Bit, Abtastfrequenzen bis 384 kHz sowie Bitstream bis DSD256 (12,3 MHz) offeriert. Sollte dabei ein Bitstream-Format erkannt werden, leuchtet frontseitig die zugehörige Status-LED.
Für den unsymmetrischen Eingang gibt es einen rückwärtigen Pegelsteller, der per Schraubenzieher eingestellt wird und eine Feinjustierung gestattet. Wie im HDVA 600 gibt es als Besonderheit XLR-Ausgänge, mit denen das Testgerät zu einem echten Vorverstärker wird, der auch aktive Monitore oder Endstufen beschicken kann.
Praxis
Abseits der Quellenwahl und der Pegelsteuerung gibt es am HDV 820 nichts einzustellen. Hier geht es konzeptionell also um reinen Musikgenuss. Entsprechend vermisse ich auch keine Anzeige der Pegel oder der erkannten Auflösung am Gerät. Hingegen hätte ich mich durchaus über eine Fernbedienbarkeit gefreut.
Die symmetrischen XLR-Ausgänge betrachte ich als sinnvollen Mehrwert, da der HDV 820 so die Rolle eines Vorverstärkers und zentralen D/A-Wandlers übernehmen kann. Das ist für einen Hörplatz ebenso sinnvoll wie im professionellen Umfeld, etwa wenn man am einem Arbeitsplatz wechselnd mit Kopfhörer oder Lautsprechern arbeiten möchte. Die fest verkoppelte Lautstärkeregelung für diesen Ausgang empfinde ich hingegen als unpraktisch. Zumindest eine Mute-Taste für den XLR-Ausgang hätte ich mir gewünscht.
Die USB-Anbindung erfolgt unter macOS mit Class-Compliant-Treibern, während die Windows-Treiber auf einem USB-Stick mitgeliefert werden. Dabei kann der HDV 820 sowohl über einen Systemtreiber adressiert werden oder über das professionelle ASIO-Protokoll aus einer Studio-Software. Über USB lassen sich ferner auch Firmware-Updates auf das Gerät spielen.
Die maximale Ausgangsleistung hängt ab von der eingesetzten Ausgangsbuchse und vom Widerstand des Kopfhörers. Sie liegt bei etwa 480 mW bei 600 Ω Last am XLR-4-Ausgang. Seid jedoch unbesorgt: Die Pegelreserven sind auch bei leiseren Kopfhörern völlig ausreichend. Hinzu kommt die Möglichkeit des symmetrischen Betriebs, der den Ausgangspegel nochmals deutlich erhöht.
Klang
Wie jeder gute Verstärker hat der HDV 820 die Aufgabe, die Quelle ungeschönt, akkurat und vollständig kontrolliert in der gewünschten Lautstärke an den Hörer zu bringen. Das Testgerät tut genau dies, dazu mit einer vorbildlichen Rauscharmut. Dabei klingt es tatsächlich in jeder Lautstärke gut. Letztlich sogar so gut, dass man auch höhere Pegel unverzerrt genießen kann und den Lautstärkeregler schnell zu weit aufdreht – ein Phänomen hochwertiger Komponentenzusammenstellungen.
Grundsätzlich funktioniert der HDV 820 natürlich mit nahezu jedem kabelgebundenen Kopfhörer, ist aber laut Hersteller für Kopfhörer mit hohen Impedanzen optimiert. Der echte Mehrwert einer solchen Konstruktion offenbart sich aber insbesondere in Kombination mit explizit hochwertigen Kopfhörern – im Sinne einer durchgängig audiophilen Wiedergabekette, die sich auch angesichts des Preises fast von selbst versteht.
In Kombination mit dem HD 800 S und HD 820 liefert der Verstärker hinreichende Pegelreserven und gibt sich ansonsten genau so, wie man es sich von einer derart großartigen Wiedergabekette wünscht. Hochauflösend und ohne Schönfärberei eröffnet der HDV 820 einen Blick in die Qualität jeder Mischung/Klangquelle und deren Charakter bezüglich der Pegelverhältnisse, der Frequenzabstimmung, der Dynamik sowie von Stereopositionierung und Raum.
In der Grundtendenz gibt sich das Sennheiser-Produkt dabei schnell und eher analytisch abgestimmt. Es bringt bewusst keine Grundwärme in die Wiedergabe ein und ist auch im Bass in keinster Weise vorlaut, sondern stets kontrolliert. Am anderen Ende der Frequenzskala ist der Verstärker bis weit bis über den Hörbereich hinaus linear und entsprechend offen und luftig.
Dabei reproduzierte er die vielschichtigen Mischungen von Steven Wilsons aktueller CD (The Future Bites) in beeindruckender Weise. Feinste Details, Dreidimensionalität und Präzision gehen hier Hand in Hand mit einem vollständigen Frequenzgang und bestens nachvollziehbarer Dynamik. Neben einem minutiös aufgebautem Stereopanorama kann der HDV 820 auch eine bemerkenswerte Nähe vermitteln. Und tatsächlich sitzt man gefühlt gemeinsam im Aufnahmeraum mit Tina Dico, während sie „The Woman Downstairs“ darbietet.
Ob moderner Metal Sound, orchestrale Werke, intime Singer/Songwriter-Kompositionen oder Bassgewitter aus dem Dancehall-Genre – der HDV 820 bleibt stets gelassen aber überaus aufmerksam. Dazu werden an diesem Verstärker Unterschiede zwischen Kopfhörern ebenso schnell deutlich wie zwischen Mischungen. Man geht sogar fast automatisch ein gutes Stück kritischer an die Klangbeurteilung heran. Mal klingt es etwas zu schlank oder leicht zu hell, dann angenehm warm und rund oder auch topfig und vielleicht sogar wummernd. Einzig im Bass fliegen einem die Ergebnisse nie ungebeten um die Ohren – eine gute Mischung vorausgesetzt. Das sind durchweg Eigenschaften, die auch das professionelle Lager schätzt. Mit symmetrischen oder digitalen Signalen gespeist, hat man hier eine exquisite Alternativabhöre für die Mischung, den Schnitt oder echten Premiumkomfort für den prominenten Sprecher. Übrigens: Der symmetrische Betrieb ist klanglich nicht unbedingt überlegen, liefert aber eben mehr Pegel.
- 2349,00 € *Zum Angebot
Technische Daten
- BauformVerstärker
- Audio-Übertragungsbereich (Hörer)< 10 Hz bis > 100 kHz
- Gewicht ohne Kabel2.250 g
Lieferumfang
- Mikrofasertuch
- USB-Speicherstick
- Netzkabel
Besonderheiten
- Verstärkung – unsym. Eingang/XLR-4-Ausgang: einstellbar 14 dB, 22 dB, 30 dB, 38 dB, 46 dB
- Verstärkung – sym. Eingang/XLR-4-Ausgang: 16 dB
- Dynamikumfang: > 115 dB @ 600 Ω Last (A-bewertet)
- Aufnahmeleistung: nom. 12 W (2 x 300 Ω-Kopfhörer an 4,4-mm-Ausgängen); max. 18 W (2 x 16 Ω Kopfhörer an 4,4-mm-Ausgängen)