Der MP-460 wird seiner Rolle als Spitzenmodell von Mackies MP-Serie gerecht! Mit seiner Klangqualität stellt er nicht nur seine Serien-Kollegen in den Schatten, er dürfte generell im hart umkämpften IEM-Umfeld einen Platz sicher haben. Allerdings sehe ich den MP-460 eher als Profi-Werkzeug in den Ohren eines FoH/Monitor-Mischers im Live-Betrieb oder eines Tontechnikers im Studio, also immer dort, wo Entscheidungen über Klanggestaltung und Klangveränderung getroffen werden müssen. Für den „normalen“ Musik-Konsumenten ist die dafür geforderte Genauigkeit eventuell zu viel des Guten: Der MP-460 deckt jede Schwäche im Signal auf, was das reine Musikhören je nach Qualität der Musik-Produktion anstrengend machen kann. Wer aber wirklich hören will, was auf seinen Lieblings-Tracks abgeht, der kann den MP-460 auch zum Musikhören nutzen – und darf sich auf ein paar Klangüberraschungen gefasst machen.
Mackie hat die MP-Serie um drei weitere Kopfhörer aufgestockt: Der mir zum Test vorliegende MP-460 ist das neue Topmodell dieser Serie.
Eigentlich ist dieser hochwertige In-Ear-Monitor Kopfhörer (kurz: IEM) für den Musiker oder Tontechniker gedacht, doch dank des neuen optional erhältlichen Bluetooth-Adapters „MP-BTA“, lässt sich der MP-460 auch als High-End-Wireless-Hörer abseits von Bühne und Studio nutzen. Ob der Spagat zwischen professionellem IEM und Alltagshörer gelingt, das haben wir uns angeschaut.
Vier Treiber, drei Wege
Im Gegensatz zu den bisherigen MP-Hörern (mit schwarzen Gehäusen), erlaubt beim MP-460 die transparente Ohrschale einen Blick auf die Treibertechnik. Beim Spitzenmodell setzt Mackie dabei voll auf klangstarke Balanced-Armature-Treiber. Die verbauten BA-Treiber stammen von der Firma Knowles und bestehen aus einem zweifachen Bass-, einen Mitten- und einen Höhentreiber. Obwohl also von einem Quad-Hörer die Rede ist, spielt der MP-460 in drei Frequenzbereichen.
Guter Sitz
Guter Sound beginnt bei In-Ear-Hörern immer mit einem guten Sitz des Hörers: Der Bass kann sich nur voll entfalten, wenn die Ohrstöpsel den Gehörgang dicht abschließen. Das war Mackie schon immer bewusst und so liegen dem MP-460 eine Auswahl an Eartips bei: Insgesamt vier verschiedene Passstücke in jeweils drei Größen! Darunter ein Set Ohrstöpsel in Tannenbaum-Form und sogar ein Satz Comply-Schaumstoffpolster. Wie bei den bisherigen MP-Hörern gestaltet sich der Wechsel der Eartips auch beim MP-460 wegen der großen Schallaustrittsöffnung extrem fummelig. Generell hatte ich den Eindruck, dass der MP-460 sehr sensibel auf Sitz und Art des Eartips reagiert, man sollte sich deshalb etwas Zeit nehmen und ausgiebig ausprobieren!
Zubehör = weiterhin vorbildlich
Das weitere Zubehör, das Mackie zum MP-460 in den Karton packt, ist ebenso großzügig wie die Eartip-Auswahl: Ein stabiles Plastik-Hardcase für den Transport, ein 6,35-mm-Klinkenadapter, ein zusätzliches schwarzes Smartphone-Kabel mit Fernbedienung, ein kleines Microfasertuch und ein Tool zur Reinigung des Schallkanals. Danke Mackie, echt vorbildlich!
Kabel-Handling
Bei IEMs wird das Kabel üblicherweise hinter dem Ohr verlegt und auch der MP-460 lässt sich nur so tragen. Für den Musiker ist das wichtig: Zum einen sitzt der Hörer so sehr sicher und zum anderen lässt er sich schnell aus dem Ohr nehmen, ohne am Ende gar auf dem Instrument rumzubaumeln. Die Brillenträger unter uns nervt die Verlegung der Zuleitung hinterm Ohr immer ein wenig, aber daran gewöhnt man sich. Die drehbaren MMCX-Stecker sind sowas wie IEM-Standard und erlauben einen schnellen Kabelwechsel im Falle eines Defektes. Im Auslieferungszustand ist beim MP-460 ein hochwertiges transparentes Kabel angesteckt, ich nenne es das „Bühnenkabel“ und es macht einen langlebigen Eindruck.
Das „Straßenkabel“ ist schwarz, wirkt sehr edel und besitzt eine Fernbedienung, inklusive Freisprechmikrofon zum Telefonieren. Beide Kabel sind erfreulich unempfindlich gegen Griffgeräusche und Körperschall.
Da die Erfahrung zeigt, dass MMCX-Stecker bei häufigem An- und Abstecken mit der Zeit ausleiern, bereitet mir der ständige Wechsel der Kabel Bauchschmerzen. Von der Bühne runter und für den Heimweg das Straßenkabel anstecken? Geht, aber ich würde es nicht allzu oft tun: Laut Spezifikationen ist der MMCX-Stecker für lediglich 500 Steckzyklen ausgelegt.
Klang
Ich starte meinen Hörversuch wie üblich mit dem Song „Get Lucky“ von Pharrell Williams und hab sofort ein Grinsen im Gesicht: Der Bass hämmert ebenso druckvoll wie präzise auf die Ohren! Dank der Schnelligkeit der BA-Treiber wird jeder Basston so plastisch wiedergegeben, man könnte meinen, Nathan East sitzt vor einem und zupft die Saiten! Wie fein der MP-460 aufzulösen vermag, zeigt sich dann bei Billie Eilishs Song „Bad Guy“: In der zweiten Strophe kommen mehrere Fingerschnipser dazu, die aber herrlich ungenau editiert sind. Wo andere Kopfhörer nur ein Arrangement-Detail wiedergeben, löst sich das Geschehen beim MP-460 in die einzelnen Signalquellen auf, man ist sofort versucht, die Menge der Schnipser zu zählen. Die originelle Eilish-Produktion zeigt aber noch ein weiteres Highlight des MP-460: Die blitzsaubere Stereoabbildung, gut zu Hören am Anfang des Stückes, in dem zwei Gesangsspuren, von ganz links und ganz rechts erklingen. Generell ist die räumliche Darstellung nicht die Lieblingsdisziplin eines In-Ear-Hörers, doch der MP-460 bietet eine breite Klangbühne und spätestens beim „Nachhören“ der Hallfahnen auf Alison Krauss Stimme im Song „New Favorite“ zeigt sich die Detailgenauigkeit der BA-Treiber in voller Güte. Eine Klangqualität, die aber zwei Seiten hat: Der MP-460 ist schon sehr ehrlich, man kann fast schon analytisch sagen. Schlecht gerippte MP3s oder niederwertige Streams mag man sich auf dem MP-460 nicht anhören und was nicht so toll produziert ist, klingt auch nicht so toll: Schmatzer auf den Vocals, Nebengeräusche auf den Aufnahmen, ungenaue Editierungen, schnarrende Gitarrensaiten – all das hört man mit dem MP-460 einfach extrem deutlich. Das erfreut den Tontechniker, der genau sowas hören muss, ist aber vielleicht etwas zu viel an Information, wenn man entspannt Musik hören mag.
Bluetooth-Adapter MP-BTA
Wer den Klang des MP-460 auch abseits der Bühne genießen möchte, für den hat Mackie den Bluetooth-Adapter MP-BTA entwickelt. Der macht aus dem Mackie-Hörer zwar keinen True-Wireless-Hörer, aber immerhin spart man sich die Strippe zum Smartphone. Der Adapter besitzt zwei kurze Zuleitungen – inklusive Fernbedienung und Freisprech-Mikrofon zum Telefonieren am rechten Kabel – und einem Akkublock mit Ansteckclip. Der MP-BTA verbindet sich problemlos mit meinem Smartphone und dann kann ich bis zu zehn Stunden kabellos Musikhören (geladen wird der Adapter via Micro-USB-Kabel). Praktisches Detail: Beim Anschalten wird einem keine Prozentangabe zur Akku-Kapazität gezeigt, sondern eine weibliche Stimme verkündet die noch zu erwartende Laufzeit. Technisch ist der MP-BTA up to date: Er versteht sich die Codecs SBC, AAC, aptX und aptX HD und unterstützt die Bluetooth Version 5.0.
Wie ehrlich der MP-460 tatsächlich klingt, zeigt die Nutzung am Bluetooth-Adapter: Dort zeigt er gnadenlos auf, was an Stereobreite, Detailreichtum und Präzision im kabellosen Betrieb verlorengehen. Man könnte sagen, der MP-460 klingt zu gut für den Bluetooth-Betrieb. Auf dem Arbeitsweg in der U-Bahn fällt der Klangunterschied weniger ins Gewicht, aber im direkten AB-Vergleich am Schreibtisch ist der Unterschied doch recht deutlich.
Viel mehr als dieser Klangunterschied stört mich in der Praxis allerdings, dass die Tastenfernbedienung so weit oben am Kabel angebracht ist. Da auch die Kabel des Adapters für eine Verlegung hinter Ohr gedacht sind, baumelt die Fernbedienung gleich unterm Kinn und lässt sich optisch nicht mehr einsehen.
- 519,00 € *Zum Angebot
Technische Daten
- BauformIn-Ear
- Bauweisegeschlossen
- Wandlerprinzip4 Balanced-Armature-Treiber (3 Wege)
- Audio-Übertragungsbereich (Hörer)20 - 20.000 Hz
- Impedanz(+/- 15%): 15,5 Ohm
- Schalldruckpegel (SPL)±3 dB, 1 mW bei 1 kHz: 118 dB
Lieferumfang
- 4 Sorten Eartips in je 3 Größen
- Kabel mit MMCX-Anschluss
- Kabel mit Remote und Mikrofon
- Adapter auf 6,35 mm
- Microfasertuch
- Reinigungsstift
- Hartschalen-Case
Besonderheiten
- Bluetooth-Kabel MP-BTA separat erhältlich