Für einen Preis von 599 Euro erhält man mit dem FiiO FH9 einen üppig konzipierten, hervorragend verarbeiteten und vorbildlich ausgestatteten In-Ear-Kopfhörer. Die Hybridkonstruktion schöpft aus den Vollen und liefert dabei klanglich eine überzeugende ausgewogene Leistung zu einem attraktiven Preis. Die Bassbetonung und etwas nüchterne Klangbild sind hingegen eine Geschmacksfrage.
- überzeugende Verarbeitung
- mitgelieferte Adapter für symmetrischen Betrieb
- hochwertiges Anschlusskabel
- Tuning über Audiofilter
- jede Menge Passstücke
Der makellos verarbeitete und als aufwändige Hybridkonstruktion konzipierte FiiO FH9 ist ein In-Ear-Monitor für gehobene Ansprüche. Neben der erstklassigen Ausstattung mit Anschlusskabel aus Silber und symmetrischen Anschlüssen bietet der Kopfhörer eine Klangabstimmung, die sich deutlich oberhalb von Stangenware platziert, aber nicht an die teure Referenzklasse heranreicht.
FiiO Electronics Technology Inc. Co. aus der VR China hat sich weitgehend auf den Bereich Kopfhörer, Kopfhörerverstärker und Wandler spezialisiert (zur Testübersicht). Unter den hauseigenen In-Ear-Kopfhörern nimmt der FiiO FH9 seit einiger Zeit neben dem limitierten FDX die Spitzenposition ein.
Das hochwertig verarbeitete Universal-Fit-Produkt setzt auf ein Gehäuse aus Titan (erhältlich in Schwarz und Titan) und macht einen gleichermaßen edlen und robusten Eindruck – Respekt. Technisch handelt es sich um ein Hybridsystem, das auf einen dynamischen 13,6-mm-Treiber mit sogenannter „DLC“-Membran für den Bassbereich zurückgreift und im Mittenhochtonbereich auf nicht weniger als sechs Balanced-Armature-Treiber aus dem Hause Knowles pro Seite mit jeweils abgestimmten Sound-Tubes setzt. Interessant ist das Gehäuse, bei dem die Faceplate partiell mit einem Gitter luftdurchlässig ausgeführt wurde, um eine freiere Beweglichkeit des dynamischen Treibers und so ein potentiell natürlicheres und ermüdungsfreies Klangergebnis zu ermöglichen.
Ein Highlight ist die Anschlusstechnik: Der FH9 wird mit einem dekorativen, geflochtenen und symmetrischen Kabel aus Silberdraht ausgeliefert, das als Zubehör allein sicherlich einen stattlichen Preis aufweisen würde. Dank MMCX-Stecker ist dieses jederzeit austauschbar. Der vergoldete 3,5-mm-Anschlussstecker ist tauschbar und kann bei Bedarf per Schraublösung gegen beiliegende, symmetrische vierpolige Anschlüsse in den Formaten 2,5 mm und 4,4 mm (Pentaconn) getauscht werden. Hier könnte sich die Konkurrenz ein Beispiel nehmen!
Den Lieferumfang wird ergänzt durch ein schmuckes Klapp-Case aus Kunstleder (HB5), 16 Paar Passstücke in unterschiedlichen Formen und Materialien sowie austauschbare sogenannte „Audiofilter“. Hierbei handelt es sich um eine konstruktive Besonderheit: Die Schallaustrittsöffnung des FH9 verfügt über ein verschraubtes Endstück mit integrierter Filtereinheit. Zur Auswahl stehen dabei drei Endstücke (Balanced, Bass, Treble), mit denen sich das Klangbild weiter an den eigenen Geschmack anpassen lässt.
Praxis
Die schnörkellose und hochwertige Konstruktion des FiiO FH9 ist voll auf den Musikgenuss fokussiert. Extras wie ein integriertes Mikrofon gibt es nicht. Der FH9 ist zwar nicht explizit ergonomisch geformt, sitzt in meinem Fall aber trotz seines erhöhten Gewichtes auch über längere Hörsitzungen bequem und tief genug im Ohr. Die Kabelführung erfolgt hinten über das Ohr, was das Aufsetzen etwas umständlicher gestaltet, aber für eine verbesserte und stabilere Positionierung sorgt. Dank der üppigen Auswahl an Passstücken sollte die richtige Abdichtung zu finden sein. Schließlich braucht man sich hinsichtlich der gebotenen Pegelreserven keine Sorgen machen.
Klang
Die Hörtests absolvierte der FiiO FH9 mit einem Shanling DAP M3X (zum Test), einem iPhone 8 mit Adapter, einem Macbook Pro sowie einem Dragonfly Red. Dabei kamen die neutralen Audiofilter zum Einsatz. Die Außenisolation ist in meinem Fall durchaus gut, sodass man fokussiert der Musik lauschen kann. Gleichzeitig stört die halboffene Konstruktion den Sitznachbarn nicht. Ebenfalls positiv anzumerken ist, dass der Kopfhörer bereits bei recht geringen Pegeln mit guter Klangfülle glänzt.
Die Klangleistung ist stimmig und durchaus ansprechend, was angesichts des Preises auch zu erwarten war. Grundsätzlich macht der FH9 bis auf eine leichte Bassbetonung wenig falsch. Er liefert einen stimmigen, natürlichen Klang mit hoher Detailauflösung. Als unbestechlichen Referenzhörer für tontechnische Arbeiten würde ich den FH9 hingegen nicht bezeichnen, sondern eher als Lösung für den Musikgenießer mit gehobenem Anspruch. Auffällig ist die gewisse Nüchternheit, die die Konstruktion durchaus zu einer Geschmacksfrage macht. Neben dem Lauschen von Musik könnte ich mir aber auch vorstellen, dass der pegelfeste FH9 als In-Ear-Monitor im professionellen Bereich durchaus Freunde finden könnte – ein Bereich, der von FiiO allerdings nicht als Zielgruppe adressiert wird.
Im Bass gibt sich die Konstruktion kräftig und druckvoll, aber eher sachlich als warm. Tiefbass, Kontur, Dynamik, Tonalität und eventuelle Abgrenzungen zwischen mehreren Klangschichten werden gut abgebildet, gleichzeitig gibt es aber auch erwähnte leichte Überbetonung in diesem Bereich. Clubsound meistert der Kopfhörer beispielsweise vorzüglich. Kylie Minogues „Light Years“ in der Version von Infinite Disco kommt herrlich druckvoll daher. Direkt im Folgesong des Albums „Slow“ ist der satte Nachhall sicher erkennbar.
In den Mitten liefert der FH9 eine detaillierte Vorstellung ab. Stimmen wie Gloria Estefan („Mi Tierra“) oder Roy Orbison („The Comedians“) gelangen mit zahlreichen Feinheiten aber leichten Hochmittenbetonung ans Ohr. Klassische und akustische Instrumente haben einen natürlichen Charakter, sodass ich keine Bedenken hätte, den FH9 auch für klassische Musik zu nutzen.
Schließlich gelingen auch dichte Rock- und Metalmischungen gut. Die Wucht und Dynamik des Doom-Meisterwerks „Astorolus“ von Candlemass wird ebenso mit Hörspaß reproduziert wie das komplex verschachtelte „Bleed“ von Meshuggah, dass allzu oft auch blechern klingen kann. Die Mischung von „Can’t Stand Still“ (AC/DC) drückt so, wie sie es tun sollte, während bei Slayers Mittenbrett „Repentless“ etwas Biss fehlte.
Im Hochtonbereich gelingt dem FH9 eine spritzige Ansprache mit ansprechender Detail- und Transientenauflösung. Störende Härten stelle ich dabei nicht fest, aber auch nicht die Luftigkeit der Referenzklasse, etwa in Form des offenen Sennheiser HD 800 S (zum Test).
Das Stereopanorama ist fein und breit aufgelöst. Hier spielen die BA-Treiber ihre Stärken aus und ermöglichen ein intensives Eintauchen in die Mischung. Ganz so spektakulär wie etwa im U6t von 64 Audio (zum Test) fällt das Ergebnis jedoch nicht aus, was möglicherweise am kräftigen Bass liegt. Schließlich wird der Raum guter Aufnahmen wie Bob Dylans „Man in the Long Black Coat“ nachvollziehbar aufgebaut.
Konkurrenten, die mit einer ähnlich aufwändigen Treiberbestückung aufwarten, fallen teuerer aus, etwas der iBasso IT07. Für einen Direktvergleich konnte ich wie erwähnt zur reinen BA-Konstruktion U6t von 64 Audio greifen, die ebenfalls signifikant kostspieliger ausfällt.
Technische Daten
- BauformIn-Ear
- Bauweisehalboffen
- Wandlerprinzipdynamisch + Balanced Armature
- Audio-Übertragungsbereich (Hörer)10 - 40.000 Hz
- Impedanz@1kHz: 18 Ohm
- Schalldruckpegel (SPL)1kHz @ 1mW: 108 dB
- Gewicht ohne Kabel12,8 g
- Kabellänge120 cm
Lieferumfang
- FiiO HB5 Case
- Abnehmbares Kabel, monokristallines Silber
- 3 Paar Audiofilter: Balanced, Bass, Treble
- 3 Stecker: 2.5, 3.5 und 4.4mm
- 3 Paar Bass Eartips (S/M/L)
- 3 Paar Balanced Eartips (S/M/L)
- 3 Paar Vocals Eartips (S/M/L)
- 2 Paar Form Tips (M)
- 2 Paar Double Flange Tips (M)
- SpinFit CP145 (S/M/L)
- Kabelclip
- Reinigungsbürste
- MMCX Tool
Besonderheiten
- in Schwarz oder Titan erhältlich