1more gelingt mit dem Dual Driver ANC Pro ein attraktives Nackenbügelmodell. Für etwa 150 Euro überzeugt der Kopfhörer mit einem erstaunlich praxisgerechten Noise Cancelling. Die Klangperformance ist „noch gut“. Hier entsteht zumindest bei mir der Wunsch nach einem zweiten höherwertigen Modell, das den theoretischen Vorteil des hochauflösenden LDAC-Codec besser auslotet. Für den täglichen Mobileinsatz aber auch zum Sport ist gebotene Leistung aber ein feines Angebot.
Bereits im Februar 2019 haben wir dem Dual Driver BT ANC von 1more (zum Test) ein gutes Testergebnis bestätigt. Das Nachfolgemodell setzt nunmehr auf technische Verbesserungen wie Bluetooth 5 und eine ansprechende mattschwarze Optik mit dezenten Zierstreifen in Rot-Metallic.
Bei der Treiberkonstruktion verlässt sich der gleichermaßen stabil und wertig verarbeitete Nackenbügelkopfhörer auf eine Kombination aus dynamischem 13,6-mm-Composit-Treiber und ergänzendem Balanced-Armature-Treiber für den Hochtonbereich – beide gemeinsam in einem Metallgehäuse untergebracht.
Für das integrierte aktive Noise-Cancelling kommt inzwischen ein Chip von Airoha sowie gleich vier Mikrofone zum Einsatz. Bemerkenswert ist schließlich die Verfügbarkeit des HiRes-fähigen LDAC-Codecs, der ergänzend zu SBC und AAC mit entsprechenden Quellgeräten bereitsteht. Das dürfte Besitzern einiger Android-Smartphones ein Lächeln aufs Gesicht zaubern.
Praxis
Trage- und Bedienkomfort sind gut: Das elastische und weiche Nackenband aus Kunststoff ist leicht und erlaubt es, den Ohrstöpsel bei Nichtnutzung einfach baumeln zu lassen, wobei Letztere magnetisch sicher aneinanderhaften. Für die Stöpsel selbst lässt sich aus vier Paar Silikon-Passstücken die individuell richtige Größe finden. Hieraus ergibt sich ein dauerhafter bequemer und sicherer Sitz im Ohrkanal – zumindest bei mir drückt es da nicht. Gleichzeitig überzeugt der Dual Driver ANC Pro durch eine Schweiß- und Wasserresistenz nach IPX5, weshalb er sich durchaus für aktive Sportarten empfiehlt.
Am linken Teil des Nackenbands sind insgesamt fünf gut voneinander abgegrenzte und damit ertastbare Bedienelemente platziert. Auf der Oberseite finden sich der Ein- und Ausschalter, der auch dem Pairing dient; der Schalter für das Noise Cancelling, der zwischen zwei festen Intensitätsstufen und einer Deaktivierung der Schaltung wechselt sowie die unabhängig schaltbare Unterdrückung von Windgeräuschen. Auf der Innenseite folgt die obligatorische Multifunktionstaste für Start/Stop und Track-Skipping (per Mehrfachklick) der Musikwiedergabe, die Annahme und das Beenden von Telefonaten und den Aufruf des Sprachassistenten im Smartphone. Und schließlich bleibt darüber noch eine Schaltwippe für die Lautstärke. Am Ende des gleichen Bügelendes befindet sich auch der Eingang für das USB-C-Ladekabel hinter einer Plastikklappe. Ansonsten setzt 1more bei diesem Gerät nicht mehr auf Sprachansagen, sondern auf Statustöne.
Das Bluetooth-Pairing erfolgt schnell und problemlos, ist aber auf ein Gerät beschränkt. Die Reichweite der Funkstrecke ist praxisgerecht und agiert im Alltag unterbrechungsfrei.
Die kostenlose iOS/Android-App „1moreMusic“ bietet abseits möglicher Firmware-Updates (Stand Testgerät 1.02.01) kaum relevante Funktionen. Sie bietet ein kleines Tutorial, eine Batteriestandanzeige und ein Umschalten der beiden Noise-Cancelling-Stufen, was allerdings auch am Gerät funktioniert.
Abschließend ein paar Worte zur Leistung des 160 mAh Akkus. Laut Hersteller bietet dieser bei 50 % Pegel eine Laufzeit von 14 beziehungsweise 20 Stunden (ohne/mit Noise Cancelling) – ein Wert, der in der Praxis bestätigt werden kann und der als überdurchschnittlich bezeichnet werden darf. Ebenso bemerkenswert ist die schnelle Ladezeit von gerade einer Stunde. Es ist sogar möglich, in zehn Minuten Ladezeit bis zu drei Stunden Spielzeit zu erreichen. Hut ab. Da kann man darüber hinwegsehen, dass der Dual Driver ANC Pro rein passiv nicht nutzbar ist.
Noise Cancelling
Die passive Geräuschdämmung der Ohrstöpsel ist mittel. Wer sich kräftiger von der Umgebung abschottet, greift zum aktiven Noise Cancelling, das wie erwähnt in zwei Stufen über das Gerät und die App schaltbar ist. Mit bis zu 35 dB ist die Dämpfung schon beachtlich und schafft einen guten wenn auch in Spielpausen leicht rauschenden Ruheraum, der zwar nicht so perfekt wie bei großen Over-Ear-Modellen ausfällt, aber durchaus effizient zupackt. Wie üblich ist das System insbesondere in tieffrequenten Bereichen und bei eher konstanten Geräuschen wirksam. 1more spricht übrigens von einem hybriden Noise Cancelling, weil neben den obligatorischen beiden Außenmikrofonen auch zusätzlich Geräusche im Ohrkanal erfasst und kompensiert werden.
Unabhängig hinzu kommt eine schaltbare Frequenzfilterung, die störende Windgeräusche effizient unterdrückt – ein Problem vieler Mitbewerber im Außenbereich.
Tatsächlich ist der Dual Driver ANC Pro damit nicht nur eine gute Wahl bei Zug- und Flugreisen, sondern eben auch im Alltag in öffentlichen Verkehrsmitteln, beim Spazieren gehen oder Joggen. Ein echter Pluspunkt. Die Unterdrückung von Störgeräuschen funktioniert dabei auch ohne Musikwiedergabe und selbst im (aktiven) Kabelbetrieb (hier kommt ein Adapterkabel von USB-C auf Miniklinke zum Einsatz). Schade hingegen ist der Wegfall der Möglichkeit, die Außenmikrofone zum Einblenden von Außengeräuschen zu nutzen, um eine schnelle Kommunikation zu ermöglichen. Der Vorgänger konnte das. Immerhin lassen sich die Ohrstöpsel dank Nackenband jederzeit schnell aus dem Ohr nehmen.
Klang
Die Hörtests erfolgten mit einem iPhone 8S und dem LDAC-fähigen Sony Xperia 10 über Bluetooth und bei eingeschaltetem Noise Cancelling. Der Klangeindruck des mit recht kräftigem Pegel aufspielenden Dual Driver ANC Pro ist durchaus ausgewogen, aber im Vergleich zu kabelgebundenen Systemen ein wenig flach. Die Größe und den Glanz teurer Kopfhörer mit audiophilem Anspruch darf man hier schon aufgrund des Preises nicht erwarten – da nützt auch das „Pro“ im Namen nichts.
Der Bass ist trocken und definiert, reicht tief herab und bietet eine erkennbare Tonalität und Dynamik. Erfreulich, denn hier wummert nichts. Wer sich die fülligere Abstimmung vieler Mobilsysteme wünscht, erhöht den Wiedergabepegel oder greift zu einem Equalizer, den viele Player, aber nicht die App von 1more bieten.
Stimmen und Einzelinstrumente klingen sauber, mit ansprechender Detailauflösung und dem nötigen Charakter. Hinzu kommt bei Gesang eine hohe Sprachverständlichkeit. Aber auch der fette Breitwand-Sound von Rock und Metal wird druckvoll reproduziert. Tendenziell ist die Stoßrichtung eher neutral als warm und damit in den Tiefmitten etwas zurückhaltend. Dennoch lassen sich selbst Orchesteraufnahmen mit ihrer Dynamik genießen.
Im Vergleich zu einigen Mitbewerbern klingt mir der Höhenbereich etwas zu wenig offen. Er liefert zwar eine recht gute Feinauflösung und vermeidet Härten, dennoch fehlt mir ein wenig „Luft nach oben“. Das hat ihm beispielsweise der konzeptionell vergleichbare aber teurere Sony WI-1000XM2 (zum Test) voraus. Gleichzeitig fällt das Stereopanorama nicht übermäßig breit aus, ist aber gut aufgefächert. Der Raum wird in seiner Tiefe/Dreidimensionalität hingegen weniger überzeugend dargestellt.
Abschließend bewerte ich die Sprachqualität beim Telefonieren noch als gut.
Technische Daten
- BauformIn-Ear
- Bauweisegeschlossen
- WandlerprinzipDual-Treiber
- Impedanz32 Ohm
- Gewicht ohne Kabel44,6 g
Lieferumfang
- 4 Paar Ohrpassstücke
- USB-3,5-mm-Adapterkabel
- USB-Ladekabel
- Tragebeutel
Besonderheiten
- BT-Codecs: SBC, AAC, LDAC
- BT-Version: 5.0
- BT-Profile: A2DP, AVRCP, HSP, HFP
Hallo Ulf,
erstmal vielen Dank für eure wirklich sehr guten Testberichte! Aufgrund deines Tests habe ich mir den 1more Dual Driver ANC Pro gekauft und bin auch voll zufrieden, bis auf einen Punkt: Beim Telefonieren höre ich meine eigene Stimme nur extrem leise, da diese nicht in die Ohrhörer übertragen wird. Ich hör mich also selber wie hinter einer Tür, was zum einen unangenehm ist, zum anderen hab ich auch nur schlechte Kontrolle darüber, ob ich zu laut oder zu leise spreche.
Ist das bei allen gut abdichtenden In-Ears so?
Oder liegt das daran, dass bei diesem Modell die Außengeräusche nicht eingeblendet werden können? Dann würde ich ja meine Stimme besser hören können.
Vorher hatte ich die normalen kabelgebundenen Apple Ohrhörer, ohne Gummistopfen. Da hatte ich das Problem nicht.
Vielen Dank für Aufklärung und viele Grüße,
gustav