Mit dem Fostex TH1100RP hat der japanische Kopfhörerhersteller ein neues offenes Over-Ear-Spitzenmodell im Programm.
Inhaltsverzeichnis
- Was sind angepasste In-Ear-Kopfhörer?
- Warum braucht es speziell angepasste In-Ear-Kopfhörer?
- Für wen sind speziell angepasste In-Ears gedacht?
- Lohnt sich ein Custom-In-Ear-Monitor?
- Wie entsteht ein maßgeschneidertes In-Ear-System?
- Interview: Kalani Hiramoto, Produktmanager von 64 Audio
- Der Klang von Custom In-Ears
- Zusammenfassung: die wichtigsten Kaufargumente
- Selbstversuch: 64 Audio A12t – professioneller Custom-In-Ear-Kopfhörer im Test
Was sind angepasste In-Ear-Kopfhörer?
Angepasste In-Ear-Kopfhörer oder auch „Custom In-Ears“ sind maßangefertigte Kopfhörer und sitzen deshalb perfekt im Ohr. Sie erreichen somit den bestmöglichen Tragekomfort im Bereich der In-Ear-Produkte. Hinzu kommt aber auch eine potentielle Steigerung der Klangqualität.
Wer regelmäßig und professionell mit In-Ear-Systemen arbeitet, dürfte die Vorteile einer flexibel optisch gestaltbaren Maßanfertigung schätzen, die sich zunächst vor allem an Bühnenmusiker wendet. Die Qualität hochwertiger Konstruktionen macht die Produkte aber auch gleichermaßen zu einer echten Empfehlung für Toningenieure und audiophile Musikhörer.
Warum braucht es speziell angepasste In-Ear-Kopfhörer?
Die Passform – das A und O eines In-Ears
Klangqualität und Tragekomfort eines In-Ear-Kopfhörers stehen und fallen mit dessen Passform. Wer aufmerksam seine Mitmenschen betrachtet, wird feststellen, dass sich unsere Ohren physiognomisch durchaus signifikant unterscheiden – von der Ohrmuschel bis hin zum Gehörgang. Die typischen Passstücke konventioneller In-Ear-Kopfhörer liefern angesichts dieser Unterschiede durchaus beeindruckende Ergebnisse, die perfekte Passform wäre allerdings der logische nächste Schritt, den der professionelle Beschallungsmarkt längst entdeckt hat.
Jeder Mensch hört anders
Es ist eigentlich ein Wunder, wie zwei einzelne Membranen, namentlich unsere Trommelfelle, derart präzise und fein aufgelöst Schallereignisse auswerten können. Immerhin sitzt das kleine Trommelfell mehrere Zentimeter nach hinten versetzt in unserem Gehörgang – eine Position, die jedem Lautsprecherkonstrukteur aufgrund des Trichtereffekts nicht im Traum einfallen würde. Hinzu kommt, dass unsere Gehörgänge individuell ausfallen, was sich ebenfalls auf die Akustik auswirkt – mal schmal, mal größer, teils verwinkelt und keinesfalls identisch im linken und rechten Ohr. Neben einem alters- und belastungsbedingten Verschleiß des Hörapparats ist es vor allem unser Gehirn, dass den eingehenden Schall in ein Hörerlebnis umformt. Erfahrungen, Vorlieben aber auch Talente führen letztlich zum Gesamteindruck des Hörens. Für jeden von uns ist dieser Teil des Hörapparats eine weitgehend feststehende Größe und somit bleibt uns eigentlich nur, den klangreproduzierenden Teil so gut wie möglich zu gestalten.
Was liegt da näher als eine Maßanfertigung?
Für wen sind speziell angepasste In-Ears gedacht?
Primäre Zielgruppe: Livemusiker
Längst haben einige Hersteller den Bedarf an solchen Produkten erkannt und eine Nische im Bereich der professionellen Kopfhörer besetzt. Zu den bekanntesten Anbietern zählen Ultimate Ears, Sennheiser, Shure und 64 Audio. Die primäre Zielgruppe sind dabei professionelle Livemusiker. Der Bedarf an In-Ear-Kopfhörern in diesem Bereich geht einher mit der Verfügbarkeit von Funkstrecken und dem Wunsch der Künstler, sich ungehindert auf der Bühne bewegen zu können.
In-Ear-Kopfhörer sind in diesem Zusammenhang das passende „Endstück“ und die Schnittstelle zum Ohr.
Waren IEMs vor zehn Jahren noch weniger gängig, so ist der Verzicht auf laute Bühnenmonitore inzwischen weit verbreitet und wirkt der Kakophonie auf der Bühne und den einhergehenden Problemen effizient entgegen. Je höher dabei der Anspruch, desto eher greift ein Musiker zu hochwertigeren Produkten und oft genug eben auch zu Custom-Anfertigungen. So hat man seinen persönlichen perfekt sitzenden Monitor stets dabei.
Es ist nachvollziehbar, dass Over-Ears aus ästhetischen Gründen auf der Bühne meist unerwünscht sind. Hinzu kommt, dass Custom-In-Ears durch ihre perfekte Passform auf der Bühne punkten, wenn dort Bewegung gefragt ist – vom Tänzer bis zum tobenden Frontmann. Ein weiterer Pluspunkt ist die variable Optik von Maßanfertigungen: Mal soll es möglichst dezent sein, in anderen Fällen darf es den Look des Bühnen-Outfits unterstützen.
→ siehe auch unseren Ratgeber: „Was sind Vor- und Nachteile von In-Ear und Over-Ear-Kopfhörern?“
Custom In-Ears: auch für andere Zielgruppen interessant
Das gehobene Preissegment und die optimierte Passform machen Custom-In-Ears aber auch für andere professionelle Anwendungen interessant. So sind die Produkte eine echte Empfehlung für semi- und professionelle Produzenten und Toningenieure, insbesondere wenn diese mobil arbeiten. Zwar ersetzen die Konstruktionen keine konventionellen Monitore in vollem Umfang, was die Räumlichkeit und die Variabilität des Sweetspots angehen, aber sie liefern ein präzises, konsistentes Klangbild auf hohem Niveau und unter Ausschaltung der Raumakustik. Letztere ist tatsächlich ein relevantes und oftmals verkanntes Problem. Zugegeben: Körperschall wird man mit In-Ears kaum erleben, dafür aber sauberen Tiefbass. Letzteren in einem Heim- oder Projektstudio oder auch einem Wohnzimmer in linearer Weise zu erleben, ist mit konventionellen Lautsprechern sehr kostspielig.
Perfekt ist natürlich die Kombination mehrerer Aspekte. Wer als Livemusiker zuhause produziert, schlägt mit hochwertigen Custom-Anfertigungen zwei Fliegen mit einer Klappe.
Die Entwicklung in diesem Markt und die mitunter hohen Ansprüche der Musiker an die Verarbeitung aber vor allem an den Klang haben dazu geführt, dass sich auch audiophile Musikhörer für diese Technik interessieren. Die professionellen Produkte lassen sich oftmals auch bestens für diesen Einsatz nutzen. Seltener gibt es Produkte, die den audiophilen Markt explizit adressieren.
Lohnt sich ein Custom-In-Ear-Monitor?
Bei einem In-Ear „steckt“ der Kopfhörer im Gehörgang. Er schafft damit einen eigenen „Raum“ zwischen Treibern und Trommelfell. Ein essentieller Faktor ist dabei die Passform. Es sollte inzwischen klar geworden sein, dass eine Konstruktion, die perfekt an die individuelle Form des eigenen Ohres angepasst ist, auch die Chancen auf den bestmöglichen Tragekomfort hat.
Universal Fit vs. Custom Fit
Allerdings gibt es auch akustisch einige Dinge zu bedenken. Konventionelle Kopfhörer, sogenannte Universal-Fits, wählen eine allgemeingültige Gehäuseform, die für jedes Ohr passen muss. Die Auswahl ist umfassend und reicht von simplen geometrischen Formen bis hin zu Typen, die die Physiognomie des menschlichen Hörapparats berücksichtigen, allerdings nur in gemittelter Form. Das könnte man durchaus mit Schuhen vergleichen. Es gibt einfache Modelle, teure Exemplare mit hohem Tragekomfort und es gibt die Maßanfertigungen.
Allerdings ist der Kopfhörer eben kein Kleidungsstück. Vielmehr erfüllt er mehrere Funktionen, die wesentlich zum finalen Hörergebnis beitragen. Primär bietet er den Treiber, die die Musik reproduzieren, eine Behausung. Die Treiber strahlen in besagten „Raum“ und induzieren damit eine Bewegung des Trommelfells. Natürlich sitzen diese Treiber in einem Gehäuse. Im Unterschied zu jedem Lautsprecher stellt dieses Gehäuse aber eben auch die „Rückwand“ des Raumes selbst dar. Stimmt die Passform nicht, dann wird auch die Raumakustik selbst verändert und damit eigentlich unkalkulierbar.
Wie entsteht ein maßgeschneidertes In-Ear-System?
Exemplarisch möchten wir euch an dieser Stelle den Entstehungsprozess eines hochwertigen Custom-In-Ear-Systems vorstellen. Unsere Wahl fiel dabei auf den US-amerikanischen Hersteller 64 Audio (zur Testübersicht), einem familiengeführten Unternehmen, das fest im professionellen und audiophilen Markt verankert ist. Hier werden bis zu 18 Balanced-Armature-Treiber pro Seite verbaut, die den Frequenzbereich über eine passive Weiche in bis zu vier Bereiche unterteilen. Das bedeutet einen hohen Aufwand bei der Fertigung, was sich konstruktiv, preislich aber eben auch in der Klangqualität äußert.
Am Anfang stehen die Qual der Wahl …
… und der Blick in die Geldbörse. Es ist empfehlenswert, sich kompetente Beratung zu suchen und Hörsitzungen beim Fachmann durchzuführen. Ein Custom-Kopfhörer ist weiterhin ein Kopfhörer, dessen Klang euch zunächst grundsätzlich gefallen muss. Sofern vorhanden, empfiehlt sich also unbedingt ein Testlauf mit einem vergleichbaren Universal-Fit-Modell des erwählten Herstellers.
Individuelles Design
Ist das gewünschte Modell identifiziert, geht es an die Wahl der Optik. Der Kunde hat dabei die Wahl zwischen etlichen Gehäusefarben, Faceplates, dem Kabel, dem Logo und seinen Initialen. Sogar eigene Graphiken lassen sich bei Bedarf nutzen. So wird der Hörer auch äußerlich zu einer Maßanfertigung.
Variabel ist man auch bei der Anschlusstechnik: Bei 64 Audio kann man zwischen IPX- und 2-Pin-Anschlüssen wählen, die teils sogar mit Kabeln mit integriertem Mikrofon für Telefonate versehen werden können. Die Kabel sind natürlich austauschbar, sodass man auf hauseigene Alternativen oder kompatible Lösungen von Drittanbietern zurückgreifen kann – von symmetrisch bis Silber. Zu beachten ist, dass der 2-Pin-Anschluss bei 64 Audio in Custom-Lösungen mitunter versenkt verbaut wird. Wer Drittanbieter-Kabel nutzen möchte, sollte hier einen nicht versenkten Sockel wählen.
Der wichtigste Aspekt: der eigene Ohrabdruck
Auf die Spezifikation folgt der wohl wichtigste Teil: die Ohrabformung. Hierzu ist der Gang zum Hörakustiker nötig, idealerweise einem Fachmann, der sich auf den Umgang mit In-Ear-Monitoren versteht und der die jeweiligen Anforderungen von Musikern und audiophilen Hörern kennt.
Alles beginnt mit einem möglichst perfekten Ohrabdruck. Innen- und Außenohr müssen komplett erfasst werden, bis hin zur zweiten Biegung im Hörkanal und ohne Leerstellen im Material.
Kalani Hiramoto von 64 Audio
Vorbereitungen
Das Ohr wird betrachtet und gegebenenfalls Verunreinigungen entfernt. Sodann wird eine Watteschicht mit zwei herausgeführten Fäden eingebracht, die für einen Schutz des Trommelfells sorgt, die aber gleichzeitig auch den Abstand zum Trommelfell wahrt. Denn: Ein Custom-In-Ear-Monitor hat keine Passstücke! Er sitzt direkt im Ohr und wird mit der Schallöffnung kurz vor dem Trommelfell platziert.
Die Ohrmuschel wird mit Silikon aufgefüllt
Als Nächstes wird der Gehörgang komplett über eine spezielle Spitze mit Silikon bis hin zur Ohrmuschel aufgefüllt – der Ohrabdruck. Wieder ist die Expertise des Hörakustikers gefragt. So ist beispielsweise zu berücksichtigen, ob die In-Ears von Sängern oder von Sprechern eingesetzt werden. Immerhin nimmt das Öffnen und Schließen des Mundes einen Einfluss auf das Ergebnis. Die Zeit für die Aushärtung beträgt circa drei Minuten. Sodann kann der Abdruck über die Fäden herausgezogen werden.
Vom Abdruck zum 3D-Scan
Schließlich wird das Ergebnis in einem 3-D-Scanner erfasst und in einem tauglichen CAD-Format gespeichert. Dieser Scan kann am Bildschirm von allen Seiten betrachtet, vor allem aber mit dem Hersteller ausgetauscht werden. Im Falle von 64 Audio laufen die Abdrücke über den Tisch des deutschen Vertriebes, der die Ohrabformungen nochmals überprüft und entsprechend der Vorgaben des Herstellers nach Bedarf leicht zuschneidet und oft auch ein weiteres Mal dreidimensional scannt. Natürlich kann auch der Hersteller diesen Scan durchführen.
Der präzise Scan-Vorgang ist essentiell, denn 64 Audio nutzt einen patentierten Prozess bei der Gehäusefertigung (3D Fit). Dabei erhält das Gehäuse bestimmte akustisch wirksame Eigenschaften, die sich in Handarbeit nicht umsetzen ließen. So lassen sich bei akzeptabler Größe bis zu 18 BA-Treiber in einem einzigen In-Ear-Monitor unterbringen.
Vom 3D-Scan zum fertigen Kopfhörergehäuse
Angekommen beim Hersteller werden die digitalen Daten des Abdrucks zunächst auf ihre Tauglichkeit untersucht. Im nächsten Schritt werden die Treiberplatzierung und der 3-D-Druck des Gehäuses am Rechner vorbereitet. Das nachfolgend entstehende Gehäuse durchläuft zunächst eine Qualitätskontrolle. Nun werden die Treiber platziert und das Gehäuse lackiert. Abschließend findet eine weitere Qualitätskontrolle statt, die sicherstellt, dass die technischen Ergebnisse innerhalb der spezifizierten Toleranzen liegen und dem Klangbild des Modells auch tatsächlich entsprechen.
Interview mit Kalani Hiramoto von 64 Audio
Inwieweit beeinflusst ein nicht perfekter Sitz die Klangqualität eines In-Ear-Monitors?
Die Passform nimmt vor allem Einfluss auf die Qualität der Basswiedergabe. Stimmt die Versiegelung nicht, verliert man Tiefbass. Aber auch die Rechts-Links-Balance kann leiden. Pegelunterschiede entstehen insbesondere, wenn der Abschluss in einem Ohr besser als im anderen ist.
Sind die Unterschiede der menschlichen Ohrformen wirklich so groß?
Gewaltig. Der Hörkanal kann groß oder weniger groß ausfallen und kann gerade oder verwinkelt verlaufen. Ganz wichtig aber auch: Er kann im linken und rechten Ohr unterschiedlich ausgeprägt sein. Keine universelle Konstruktion kann diesen physiognomischen Besonderheiten vollauf gerecht werden. Darüber hinaus arbeiten letztgenannte Konstruktionen immer mit Passstücken, die weiter entfernt vom Trommelfell agieren. Wir können generell annehmen, dass unsere universellen In-Ear-Monitore zuverlässig im Außenohr eines Großteils der Käufer sitzen. Wir liefern drei Größen von Passstücken in je drei unterschiedlichen Typen. Damit decken wir die Mehrheit der Gehörgänge ab.
Angenommen also, ein Universal-Fit-IEM passt genau in die eigenen Ohren. Wie hoch wäre dann der Klanggewinn bei einer Maßanfertigung?
Es wird ziemlich ähnlich klingen. Ein wesentlicher Unterschied ist aber der Tragekomfort. Die Custom IEMs passen exakt in das jeweilige Ohr. Anders als Passstücke aus Silikon oder Memoryschaumstoff drücken sie nicht gegen die Wände des Ohrkanals, sondern sitzen einfach passgenau darin. Das Druckgefühl ist folglich geringer und man kann die Hörer deutlich länger tragen. Zudem schließen Custom IEMs das Ohr auch weiter nach außen ab. Die Form deckt die gesamte Mulde im Ohr ab, während bei der Universal-Fit-Variante eben nur die Passstücke wirklich im Ohr sitzen. Einen klaren Klangvorteil per se gibt es also nicht unbedingt. Gleichwohl wird der Frequenzgang aufgrund der Tiefe des IEMs im Hörkanal anders wahrgenommen und es gibt abhängig vom Abschluss Unterschiede im Tiefbass.
Inwieweit nimmt die spezifische Ohrform einen Einfluss auf den Frequenzgang und das Zeitverhalten?
Bei unseren Custom-Modellen haben wir eine nahezu einhundert-prozentige Garantie, dass sie sich am Trommelfell so verhalten wie gewünscht. Der Grund hierfür liegt in der Position der Konstruktion, die bis hinter die zweite Biegung des Hörkanals reicht. Der TIA-Hochtöner sitzt dabei am Ende der IEM-Konstruktion und die weiteren Treiber mit Anbindung über Vinylröhrchen weisen nur äußert geringe Toleranzen auf. Bei einem Universal-Fit-System kann es hingegen eher Veränderungen im Frequenzgang geben, die abhängig von der Form des Hörkanals sind, was wiederum Einfluss auf die Höhenwiedergabe nimmt. Lediglich beim Modell N8 kommt es in seltenen Ausnahmen bei sehr großen Ohren vor, dass die Gehäusegröße den Klang beeinflussen kann, weil der verbaute dynamische Treiber in den Hörkanal einspricht.
Liefern Custom-In-Ear-Hörer ein verbessertes Stereopanorama?
Wir können bei der Raumabbildung ein „besser“ nicht konkret beschreiben. Allerdings meinen wir, dass der Einsatz unser Techniken APEX und TIA generell zu einer breiteren Stereobühne bei der Klangreproduktion führt, verglichen mit Produkten unserer Mitbewerber. Die Raumwahrnehmung bei Universal- und Custom-In-Ear-Monitoren ist aber tatsächlich unterschiedlich. Bei den Erstgenannten lässt sich die Position des Kopfhörers im Ohr verändern und entsprechend der eigenen Vorliebe anpassen. Wer den größten Effekt einer Wahrnehmung „außerhalb“ des Kopfes erreichen möchte, dem empfehlen wie die Modelle Duo, Trió und Fourté, die komplett ohne aufgesetzte Vinylröhrchen auskommen.
In-Ear-Monitore berücksichtigen vermeintlich nicht den Einfluss der Hörmuschel, der sich auf das direktionale Hören auswirkt. Ist das nicht ein konzeptioneller Nachteil?
Die Hörmuschel spielt tatsächlich eine Rolle bei der Richtungswahrnehmung unseres Hörapparats. Allerdings werden unsere Produkte in aller Regel für Monitoraufgaben oder zur Reproduktion von Tonträgern eingesetzt. Hier ist die Direktionalität bereits in der Mischung enthalten. Dennoch berücksichtigen wir die Form des Ohres bei der Entwicklung unserer Produkte. Das ist nötig, weil man die natürlichen Reflexionen des Ohrs verliert, wenn man die Klangreproduktion lediglich am Ende des Hörgangs stattfinden lässt. Entsprechend ergreifend wir kompensierende Maßnahmen, insbesondere im Bereich der oberen Mitten.
In Lautsprechern sieht man häufig multiple Treiber, die gemeinsam den Hochtonbereich abdecken. Warum reicht ein einziger TIA-Hochtöner?
Dank der patentierten TIA-Technik erreichen wir die gewünschte Amplitude im Hochtontreiber. Das Diaphragma des TIA-Hochtöners (Tubeless In-Ear Audio) schwingt völlig frei und ohne Begrenzung beim Schallaustritt. Somit wird der Klang nicht eingeschränkt, etwa durch eine Vinylröhre. Dazu sitzt dieser Treiber wie erwähnt am äußeren Rand des IEM-Gehäuses und nicht innerhalb der Konstruktion. Diese Nähe zum Trommelfell hilft deutlich.
Ist es teilweise nötig, die Positionierung der BA-Treiber im Gehäuse zu verändern, um der Ohrform gerecht zu werden beziehungsweise das gewünschte Resultat zu erreichen?
Die Platzierung der meisten Komponenten wird durch unseren patentierten Prozess der 3D-Gehäusefertigung sichergestellt. Die Treiber selbst sind vormontiert. Das ist wichtig, um die Länge der Vinylröhrchen, die sich vor einigen Treibern befinden exakt zu steuern.
Was ist, wenn etwas schiefgeht?
Bei Custom-In-Ears gibt es aufgrund der Maßanfertigung zwar kein Rückgaberecht, jedoch eine bis zu 90-tägige Möglichkeit für einen kostenlosen sogenannten Re-Fit. Wir versuchen dabei, das Problem einzugrenzen. Wenn ein Hörer tatsächlich nicht wie gewünscht passt, ist die Chance auf ein optimales Ergebnis nach dieser Nachbesserung sehr hoch.
Inwieweit veraltet ein Custom-In-Ear-Monitor?
Die perfekte Passform bleibt durchschnittlich sieben bis acht Jahre erhalten.
Können Custom-In-Ear-Monitore Hörschäden kompensieren und mit spezifischen Frequenzgängen bestellt werden?
Nein, wir sind nicht in der Lage, spezifische Hörkurven zu berücksichtigen. In unseren Produkten befindet sich auch keine aktive Elektronik. Allerdings kann man unsere APEX-Module (Air Pressure Exchange) nutzen, um das Klangbild in einem gewissen Bereich im Bassbereich anzupassen. Dabei werden die tiefen Frequenzen unterschiedlich bedämpft, was umgekehrt zu einer psychoakustischen Veränderung des weiteren Spektrums führt.
Der Sound von Custom In-Ears: Und wie klingt es nun?
Es kommt darauf an! Grundsätzlich unterliegen auch maßgefertigte In-Ear-Monitore dem akustischen Design des Herstellers. Eine perfekte Passform ist also keinesfalls gleichbedeutend mit perfekt-neutralem Klang. Vielmehr spielen wie bei anderen Kopfhörern die Kompetenz und die Zielstellung des Herstellers eine wichtige Rolle. Da Custom-In-Ears in aller Regel in einer gehobenen Preisklasse rangieren, darf man aber auch von gehobener Klangqualität ausgehen. Audiophile Neutralität ist aber nicht immer gewünscht, da es insbesondere im Bühnenbetrieb auch konkurrierende Anforderungen gibt, etwa bezüglich des möglichen Schalldrucks und der Betonung bestimmter Frequenzen für eine bessere Hörbarkeit des eigenen Instruments in der Monitormischung. Hinzu kommt der persönliche Geschmack des Herstellers bei der Abstimmung, wie eben bei jedem anderen Kopfhörer oder Lautsprecher auch.
Als ergänzende Lektüre zu diesem Artikel empfehlen wir euch den Testbericht zum Testgerät A12t von 64 Audio.
Zusammenfassung
Mit einem Custom-In-Ear-Monitor verbessert man die Ankopplung des Kopfhörers an das eigene Ohr. Das wichtigste Kaufargument ist dabei die maßgeschneiderte Passform an die Physiognomie des Besitzers und die damit einhergehenden Vorteile wie Passgenauigkeit und Tragekomfort. Insbesondere für den Bühnenbetrieb kann auch das variable Design von Vorteil sein. Die Klangqualität selbst hängt von der Konstruktion aber auch vom Ohr des Nutzers ab. Ich selbst bin vom Qualitätszuwachs gegenüber einem Universal-Fit-Pendant überaus beeindruckt, da es mir die gleiche Klangqualität, Detail- und Dynamikauflösung dieses Modells bereits bei deutlich niedrigeren Pegeln liefert. Umso erstaunlicher, dass der Preis für eine Custom-IEM-Lösung nicht unbedingt höher liegen muss. Somit fällt die Entscheidung zugunsten der Maßanfertigung leicht, selbst wenn eine gewisse Ungewissheit vor dem Erhalt der Bestellung besteht und ein Testhören nicht oder nur mit Abstrichen möglich ist. Man begibt sich vertrauensvoll in die Hände von Hörakustiker und Hersteller. Der einzige wirkliche Grund, keine Custom IEMs zu erwerben, wäre für mich jedoch der Wiederverkaufswert.
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