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Zäsur in der Evolution des Kopfhörers.
Apple ist ja immer wieder für einen technologischen Urknall gut. iProdukte und iLaunches lassen seit gut einer Dekade selbst das Technik-müde Publikum aufhorchen, zumindest aufblicken. Auch die Vorstellung der neuen AirPods war aufmerksamkeitsförderlich. Eine genauere Betrachtung der Ohrstäbchen aus Cupertino hinterlässt jedoch zumindest bei Audiophilen, aber auch rein praktisch gesehen eher offene Fragen.
Die Crux mit dem Kabel – und ohne …
Kopfhörer sind „von Natur aus“ analog. Der einzig benötigte Schallwandler ist der Transducer am Ohr, der mittels kabelgeleiteter elektrischer Ströme aus einem Verstärker zwei Membranen so in Schwingung versetzt, dass die Ohren diese wiederum als Geräusch, bestenfalls wohlklingende Musik empfinden. Die Qualität des Signalwegs – von der Aufnahme über die Güte der Komponenten bis hin zu den verwendeten Materialien – ist seit jeher ein Indikator für gute oder auch weniger gute Produkte.
Das Dumme an Kabeln ist, dass zumindest bei mobilen Anwendungen die Schnur schnell nervt, weshalb drahtlose Übertragungstechnik zunächst mal keine dumme Idee war. Infrarot reichte, um Omi den Fernsehton laut ans Ohr zu gereichen.
Die ersten Funkstrecken für Kopfhörer über UHF-Bänder waren nur etwas für Experten, da teuer und aufwändig zu realisieren. Bluetooth in den ersten Versionen machte selbst für Ungeübte, die auf den Sound jetzt nicht so viel Wert legten, den Musikgenuss zur Qual. Nach und nach entwickelte sich der universelle Drahtloskommunikationsweg zum geeigneten Audioübertragungsweg, mit aptX und demnächst verlustfreiem Streaming dürfte auch der letzte Drops gelutscht sein. Drahtlose Kopfhörer sind konkurrenzfähig.
Aber: Kopfhörer sind nicht digital: Sie benötigen zumindest einen Digital-Analog-Wandler, und den gibt es nicht umsonst. Gute Wandler liegen vermutlich weit entfernt vom Cent-Bereich der Bauteile, die in den kleinen AirPods für diesen Job verbaut werden.
Lightning – das Kabel
Der letzte kabelgebundene Zugang zu einem iPhone bleibt dann nur die Lightning-Buchse. Aber auch hier wird die Apple-Welt plötzlich sehr klein, denn ein Lightning-Hörer wird an keinem anderen Gerät funktionieren, außer an mobilen Devices von Apple, also auch nicht an MacBooks. Diese proprietäre Lösung ist also nur für Nerds akzeptabel, die selbst im Apple-Kosmos mit Unterspeziallösungen leben können, und für die Arbeit am (Apple) Laptop einen zweiten Kopfhörer einsetzen.
Zudem sind Lightning-Lizenzen für Drittanbieter teuer, denn Apple will natürlich auch hier kräftig mitverdienen. Rechnet man die Kosten für DA-Wandler hinzu, sind bezahlbare Lösungen mit vernünftiger Qualität kaum zu erwarten.
Und wenn Apple wirklich Mut gehabt hätte, so wie sie es in ihrer iPhone7-Keynote mit bedeutungsschwangeren Worten verkündeten, dann hätten sie einen noch radikaleren Schritt wagen müssen: Der Verzicht auf Lightning und der Wechsel zu USB-C. Damit wären auf einen Schlag eine ganze Menge Anschlussprobleme erledigt.
Volle Ladung
AirPods brauchen Lade-Strom. Hier hat Apple schon an einiges gedacht. Schnellaufladung, Ladeschale, das liest sich alles gut. Es gibt aber nichts Nervigeres, als im Moment der Nutzung zu wenig oder gar keinen Saft zu haben. Da wird der schnelle Stromstoß binnen Minuten für zwei Stunden auch nicht reichen, den Nutzer zufriedenzustellen.
Wer’s braucht, wird selig
Natürlich bietet Apple mit den AirPods zusätzlichen Nutzen. In der schönen mobil-elektronischen Welt sind Fingertippen und Gestensteuerung am Ohr sicherlich eine willkommene Neuerung. Auch den Pulsschlag im Ohr zu messen, um Gesundheitsdaten zu sammeln, mag Sinn ergeben. Was braucht ein guter Kopfhörer noch: Telefonsteuerung, geschenkt. Tracks durchschalten, skippen, spulen – geschenkt …
… Gut klingen – geschenkt
Wenn wir uns in der 179-EUR-Preisklasse kabelgebundener InEar-Hörer umgucken, werden wir uns schon einer Menge sehr gut klingender InEars erfreuen. Ein Sennheiser Momentum inEar heimst bei unserem Test Bestnoten ein, der Pioneer DJE-2000 wusste zu gefallen, oder auch der Bose SoundTrue In Ear vom vielleicht größten Widersacher für Apple/Beats ist nun wahrlich nicht von schlechten Eltern. Aber auch Over-Ears für mobilen Musikgenuss gibt es in der Budgetklasse der AirPods reichlich. Gut. Wir brauchen das Kabel. Nicht schön – zumindest für iPhone-7-Nutzer: sie müssten adaptieren. Aber für den Kopfhörerkauf sollte zuallererst immer der Sound das ausschlagebene Kriterium sein. Und hier wird man in der Preisklasse nicht sonderlich viel erwarten dürfen. Der Rest ist Schnickschnack auf Kosten der Soundqualität.
Nix für Verlierer
Apples AirPods bergen eine andere Gefahr in sich: Verlust durch Unachtsamkeit oder Versehen. Was da im Gehörgang steckt, wird ohne Sicherung (Kabel) gerne mal gen Erdmittelpunkt entfleuchen wollen. Wenn man Glück hat, in den Mantel oder Hemd- respektive Jackentasche. Bei Pech auch mal geradewegs in den Gulli oder einen zufällig in der Nähe liegenden Gartenteich.
Dass solch ein Verlust nicht nur ärgerlich, sondern auch teuer sein kann, ist nicht von der Hand zu weisen. Silkon-Streifen zur Ohrbefestigung und weitere Hilfsmittel zur Eindämmung von Verlustängsten verlassen gerade den Bereich Häme in Richtung Produktentwicklung.
Man wird sehen
Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt kann man froh sein, ein so großes Portfolio an Stecker-gebundenen mobilen Kopfhörern zu haben. Der AirPod, auch das, was Apples Schwester Beats so plant, wird den ein oder anderen überzeugen. Man braucht aber immer das nötige Kleingeld und hat für den zu löhnenden Obulus bei weitem nicht das Beste, was man für das selbe Geld kriegen kann. Wir bleiben gespannt, beobachten den Markt und testen auch weiterhin die vielen kabelgebundenen In-, On- und Over-Ears, wie auch die vielen spannenden Drahtlos-Konzepte.
Bis auf weiteres lohnt sich ein Blick auf unsere kopfhoerer.de-Bestenlisten, aus gegebenem Anlass im Grenzgebiet der 180-Euro-Marke:
Die besten kabellosen Kopfhörer von 140 bis 199 Euro
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