Mit einem Preis von über 500 Euro platziert Yamaha den YH-L700A selbstbewusst neben etablierten Produkten der Konkurrenz. Klanglich liefert der eigenständig gestaltete Kopfhörer dabei eine durchaus überzeugende Performance, was angesichts des Preises auch erforderlich ist. Immerhin liegt das Produkt doch deutlich oberhalb des Sony WH-1000XM4 (zum Test), der dem Yamaha-Produkt hinsichtlich des Noise Cancelling klar überlegen ist.
Die weiteren technischen Besonderheiten wie Listening Optimizer und Listening Care brachten zumindest für mich kaum Mehrwert. Der Nutzen von 3D Sound Field beim Genuss konventioneller Musikquellen ist eine Geschmacksfrage. Interessant wird es meinerseits erst dann, wenn man entsprechend mehrkanaliges Quellmaterial hört. Und selbst dann ist ein Headtracking kein Garant für noch bessere Klangergebnisse. Die Technik selbst ist interessant und man darf gespannt auf künftige Anwendungen sein, die sich möglicherweise im Bereich Virtual Reality finden lassen. Andererseits versteht sich der Yamaha YH-L700A aber nicht als Gaming-Kopfhörer. Zusammengefasst finde ich Yamahas neues Produkt klanglich überzeugend, technisch beeindruckend, aber dennoch zu teuer …
Mit dem YH-L700A hat Yamaha einen drahtlosen geschlossenen Over-Ear-Kopfhörer im Angebot, der durch ein eigenständiges Design gefällt und mit integriertem Noise Cancelling, 3D-Raumvirtualisierung und Headtracking aufwartet.
Äußerlich fällt zunächst das eher ungewöhnliche aber zweifelsfrei eigenständige Design der Yamaha YH-L700A auf. Der gepolsterte Kopfbügel und die Außenseiten der eher viereckigen Hörmuscheln sind mit dunkelgrauem Stoff bezogen, die Innenseiten hingegen mit schwarzem Kunstleder.
Der Kopfhörer (Firmware 1.40) unterstützt Bluetooth 5.0 und hält an Audio-Codecs neben SBC auch AAC und aptX Adaptive bereit. Eine durchaus sinnvolle und recht aktuelle Wahl, auch für geringe Latenzen, wenngleich leider auf den LDAC-Codec mit besonders hoher möglicher Datenrate verzichtet wurde. Eine verlustfreie Klangübertragung bietet die Kabelverbindung, die sowohl aktiv als auch passiv funktioniert – praktisch etwa, wenn der Akku aufgibt.
Neben den Bedienelementen am Kopfhörer, der übrigens auf jegliche Touch-Sensorik verzichtet, steht eine kostenlose App namens „Yamaha Headphones“ für iOS und Android zur Verfügung, die eine weitere Funktionssteuerung offeriert. Hier, aber auch am Hörer selbst lässt sich das integrierte Noise Cancelling aber auch die sogenannte 3D-Sound-Field-Funktion steuern.
Praxis
Dank gut gepolsterter Hörer, die über ein Gelenk schwenkbar und zusätzlich jeweils klapp- und drehbar sind, ergibt sich eine gute Passform des Yamaha YH-L700A. Gleichzeitig ist es aber eben auch möglich, den Hörer platzsparend im mitgelieferten Hardcase zu verstauen und eine Seite kurzfristig wegzuklappen. Für den DJ-Einsatz ist der Mechanismus hingegen eher nicht geeignet. Der Kopfbügel sorgt für einen recht straffen Sitz. Dennoch neigt der YH-L700A leider dazu, nach vorn zu rutschen. Dazu verfingen sich meine Haare während des Tests mehrfach im Klappmechanismus.
Die Bluetooth-Strecke arbeitete im Testzeitraum verlässlich und über mehrere Räume ohne Unterbrechung. Selten brauchte das Pairing ein zweites Anstupsen.
Die Funktionsteuerung am Gerät selbst ist geradlinig. Seitlich auf der rechten Seite befinden sich die Tasten zum Ein- und Ausschalten und Pairing sowie die Steuerung der 3D-Sound-Option, links übernimmt eine Taste die Konfiguration des Noise Cancelling – jeweils begleitet durch Sprachrückmeldungen. Hinzu kommen der USB-C-Anschluss und die einseitige Buchse für den Kabelbetrieb.
Ein dreiteiliges Schaltfeld steht auf der Außenseite der rechten Hörmuschel zur Verfügung. Hier sind die üblichen Funktionen wie Start/Pause, Lautstärkeregelung, Track Skipping, Anrufabwicklung und der Aufruf eines Spachassistenten möglich. Besonders gut zu ertasten sind diese Bedienelemente allerdings nicht, aber versehentliches Auslösen ist eigentlich ausgeschlossen. Automatikfunktionen findet man lediglich in Form einer automatischen Abschaltung nach einer wählbaren Zeitdauer bei Inaktivität. Gewünscht hätte ich mir ein automatisches Pausieren der Musikwiedergabe beim Abnehmen des Kopfhörers. Die weiteren Funktionen aber auch Firmware-Updates übernimmt die gut gestaltete App.
Die Akkuleistung bietet laut Hersteller eine maximale Nutzungsdauer von satten 35 Stunden bei aktiviertem Noise Cancelling. Aktiviert man zusätzlich den 3D-Sound-Field-Modus reduziert sich dieser Wert auf elf Stunden. Die Ladezeit beträgt ungefähr 3,5 Stunden.
ANC und Ambient Sound
Der Yamaha YH-L700A verfügt über ein aktives Noise Cancelling. Über den entsprechenden Taster oder die App wechselt man zwischen ANC, dem Ambient-Sound-Modus, bei dem Außengeräusche über die Mikrofone in den Hörkanal eingespeist werden, und dem inaktiven Status. Weitere Regelmöglichkeiten, etwa eine Intensitätssteuerung, sind auch in der App nicht vorhanden.
Tatsächlich schafft die Schaltung in ruhiger Sitzposition einen erweiterten Ruheraum, der dem Musikgenuss zuträglich ist. Die Qualität der Musikwiedergabe bleibt glücklicherweise erhalten, dafür sorgt laut Hersteller ein eigens konzipierter Algorithmus. Tatsächlich kommt es mir sogar vor, als würde der YH-L700A mit Noise Cancelling am besten klingen und den Tiefbass sogar etwas herausarbeiten.
Die Intensität der Nebengeräuschunterdrückung würde ich als mittelkräftig bezeichnen. Ein Taucherglockeneffekt tritt nicht auf, dafür beschränkt sich das Ausblenden vor allem auf tieffrequente Nebengeräusche. Sprache und Tastaturklappern gelangen weiterhin an die Ohren, wenn auch mit reduziertem Pegel. Windgeräusche sind wie bei allen Mitbewerbern ein kleines Problem, das sich technisch bisher kaum vermeiden lässt.
Die beste Leistung liefert der YH-L700A wie erwähnt in Innenbereichen. Und natürlich kann man das Noise Cancelling auch ohne aktive Musikwiedergabe nutzen und so etwa bei Zugreisen für mehr Ruhe sorgen.
Die Umschaltung auf den Ambient-Sound-Modus ist schnell erledigt und bei der Kommunikation und Orientierung willkommen. Helfende Funktionen wie ein automatisches Einschalten der Funktion im Pausenbetrieb sind ebenso wenig vorgesehen wie eine Intensitätssteuerung.
Klang
Einen gewissen, recht kräftigen Pegel benötigt der Yamaha YH-L700A, damit es gut klingt. Diesen Pegel liefern die Treiber übrigens mit Leichtigkeit. Sodann erfüllt dieser Kopfhörer auch höhere Ansprüche. Im Bass klingt es aufgeräumt, präzise und druckvoll, bei Bedarf auch hinab bis in den Tiefbassbereich. Im Mittenbereich überzeugen mich Stimmen, Instrumente aller Art, von warm bis hin zu aggressiven Verzerrungen. Selbst dichte Streicher-Arrangements wie etwa das Finale der Ouvertüre von Rossinis „Der Barbier von Sevilla“ werden gut reproduziert. Verzerrte Rockmusik klingt in jeder Variante gut in dem Spektrumsbereich.
Und auch im Hochtonbereich überzeugt mich der Kopfhörer. Er klingt offen und schnell, schießt aber an der Grenze zur Härte schon mal leicht übers Ziel hinaus. Die Schnelligkeit ist allerdings meist willkommen und liefert auch die Basis für eine knackige Reproduktion von Transienten sowie eine exakte Ausleuchtung des Stereopanoramas, die breit, stabil und bei Bewegungen nachvollziehbar gelingt (Garbage: Godhead).
Auch Raumeffekte zeichnet der YH-L700A sicher nach: Während die Tiefenstaffelung erwartungsgemäß weniger gut als bei guten Lautsprechern gelingt, sind Raumeffekte klar hörbar, etwa in „Algorithm“ von Muse. Bleibt noch die Dynamik, die in Kombination mit dem Noise Cancelling selbst im mobilen Einsatz so ausfällt, dass man Klassik oder Jazz durchaus mit Hörspaß erleben kann. Bis hierher beschreiben wir den Klang bei neutraler zweikanaliger Stereowiedergabe.
Der passive kabelgebundene Betrieb zeigt die gute Qualität der Treiber auf. Schaltet man die Elektronik zu, wird zumindest die Lautstärke, aber meines Erachtens auch der Klang geringfügig verändert. Es ist durchaus ein echter Zusatznutzen, den YH-L700A mit einem Kabel nutzen zu können, obwohl der Fokus klar auf der drahtlosen Verbindung liegt. In diesem Zusammenhang sei auch die gut bewertete Sprachqualität meiner Gesprächspartner bei Testtelefonaten zu nennen.
Eher skeptisch betrachte ich den sogenannten Listening Optimizer. Laut Yamaha wird bei aktivierter Funktion alle 20 Sekunden die „Abdichtung und der Luftaustritt“ über ein innen verbautes Mikrofon ermittelt und die Wiedergabe daraufhin optimiert beziehungsweise linearisiert. In der Praxis konnte ich hier kaum Unterschiede bei der Umschaltung feststellen. Das mag an der ohnehin guten Passform der Over-Ears in meinem Fall liegen. Mit einem ähnlichen Verfahren hilft Apple nämlich u.a. seinen AirPods (zum Test) durchaus erfolgreich auf die Sprünge – allerdings handelt es sich dort eben um EarBuds, die konzeptionell oft ungünstig im Ohr sitzen.
Ähnlich subtil blieb die Funktion namens Listening Care. Das Handbuch spricht von einer lautstärkeabhängigen Klangoptimierung per Equalizer. Das hört sich ein wenig nach dynamischer erweiterten Loudness-Schaltung an, war für mich aber eben kaum nachvollziehbar. Zumal bei unterschiedlichen Pegeln ohnehin die Wahrnehmung des Frequenzgangs variiert und Vergleiche somit schwer gestaltet. Ein manuell justierbarer Equalizer wäre zumindest nach meiner Meinung eine künftig wünschenswerte Alternative. Bleibt schließlich noch …
3D Sound Field
An dieser Stelle nutzt Yamaha DSP-Algorithmen, um dem direkten Klang von Kopfhörern entgegenzuwirken. Dabei greift der japanische Hersteller auf Erfahrungen aus dem Bereich der AV-Verstärker zurück und strebt an, zweikanalige Klangquellen in einen „dreidimensionalen Klangraum“ zu überführen, dazu noch mit möglichem Headtracking. Da war ich zugegeben skeptisch …
Klanglich geht die DSP-Bearbeitung bei ausgeschaltetem Headtracking und mit konventionellem Quellmaterial subtiler als erwartet zur Sache. Die Musik erhält abhängig vom gewählten Programm mal eine zusätzliche Räumlichkeit, mal eine leichte Dreidimensionalität, die den Klang tatsächlich etwas von der gewohnten Kopfhörerprojektion befreit und um „Tiefe“ ergänzt. Die festen Einstellungen „Cinema“, „Drama“, „Music Video“, „Concert Hall“, „Outdoor Live“, „Audio Room“, „Background Music“ bringen auch quellenabhängig mehr Luft und Zusammenhalt, ganz wie es auch eine gute Raumsimulation im Studio tut. Insbesondere bei inhaltlich reduzierten Aufnahmen lässt sich dieser Effekt nachvollziehen. Aus audiophiler Sicht entfernt man sich dabei aber natürlich von der Idee der Mischung, weshalb ich eher dazu neigte, die Funktion nicht zu nutzen.
Allerdings gibt es mit „Dolby Atmos“ und „360 Audio“ Formate, die mehrkanalige Mischungen dank Virtualisierung und HRTF auf Kopfhörer übertragen können. Und das führt durchaus zu beeindruckend räumlichen Ergebnissen. Grundsätzlich funktionieren solche Formate mit allen Kopfhörern, nur dass Yamaha hier eben die zusätzliche Raumsimulation einbringt und den Effekt damit unterstützt.
Ergänzend bietet der Yamaha YH-L700A wie auch aktuelle Apple-Produkte ein Headtracking. Dabei wird die Ausrichtung des Kopfes über Beschleunigungssensoren erfasst und die Stereomitte parallel zur Kopfbewegung mitgeführt. Das ist wenigstens ungewohnt und beim konventionellen Musikhören auch kaum sinnvoll. Nutzt man aber besagte spezielle aufbereite Aufnahmen oder auch Spiele mit entsprechender Klangausgabe, dann wird es durchaus interessant und kann mitunter spektakulär anmuten, sich im Klangraum drehen und bewegen zu können. So könnte man sich beispielsweise in der Orchester-Aufnahme bestimmten Instrumentensektionen zuwenden und diese damit interaktiv in den Fokus bringen.
- 313,99 € *Zum Angebot
- 476,00 € *Zum Angebot
Technische Daten
- BauformOver-Ear
- Bauweisegeschlossen
- Wandlerprinzipdynamisch
- Audio-Übertragungsbereich (Hörer)8 Hz - 40.000 Hz
- Gewicht ohne Kabel330 g
Lieferumfang
- Kabel mit 3,5 mm Stereo-Ministecker
- USB-C-Ladekabel (50 cm)
- Flugzeugadapter
- Tragetasche
Besonderheiten
- BT-Codecs: SBC, AAC, aptX Adaptive
- BT-Version: 5.0
- BT-Profile: A2DP, AVRCP, HFP, HSP
Der Kopfhörer klingt besser als die Airpods max, aber bei den Airpods max ist der Preis plötzlich kein Kritikpunkt. Auch die Bewertung der Soundqualität kann ich absolut nicht nachvollziehen. Schade dass man auf dieser Seite keine neutrale und objektive Bewertungen findet
Nun, die Texte wurden von unterschiedlichen Autoren verfasst. Dazu kann nicht jeder Autor jeden Kopfhörer vorhalten und nebenbei mit jedem anderen Modell vergleichen.
Ergänzend gibt es hier weitere Erklärungen: https://www.kopfhoerer.de/so-testen-wir/
Daraus sollte klar werden, dass jeder Autor eine gewisse Subjektivität in Form seines Höreindruck in die Tests einbringt. Das ist auch richtig so, denn unser Hörapparat ist eben kein objektives Meßwerkzeug.