Die Serienversion der Grell TWS/1 bietet alles, was der Prototyp vorab schon versprochen hat. Hier haben wir es mit True Wireless In-Ears zu tun, deren Klangprofil per App feinjustiert werden kann. Ihr Grund-Sound ist fein auflösend und sowohl in den Höhen als auch in den Bässen nahezu unbegrenzt. Wem die dezente Basswiedergabe nicht gefällt, kann sie per Sound-ID-App nach eigenem Geschmack optimieren. Insgesamt machen die In-Ears klanglich einen hervorragenden Eindruck.
Die Grell TWS/1 können mittels Gesten auf ihren Backplates aus Glas gesteuert werden. Doch was sich schon beim Prototypen als schwierig herausgestellt hat, ist auch bei der Serienversion leider nicht verbessert worden. Mit Ausnahme der Lautstärkeregelung will mir eine konsequente Steuerung einfach nicht gelingen. Und auch seine leichte Klangveränderung beim Aktivieren des ANC der wurde nicht behoben. Insofern ist der Test zwar etwas ernüchternd, was die Entwicklung der In-Ears angeht. Nichtsdestotrotz sind diese aber insbesondere klanglich auf sehr hohem Niveau. Das Preis-Leistungs-Verhältnis der Grell TWS/1 ist deshalb trotz gewisser Ungereimtheiten im Handling wirklich gut.
Die Grell TWS/1 sind True Wireless In-Ears mit brillantem Sound, die sich vor so mancher High-End-Konkurrenz nicht zu verstecken brauchen. Aber auch mit vielfältigen Funktionen, wie aktives Noise Cancelling (ANC), Noise Annoyance Reduction (NAR), Transparenzmodus und personalisierte Hörprofile wissen die TWS/1 zu glänzen.
Update-Test: Vor kurzer Zeit hatten wir für euch den Prototyp der Grell TWS/1 im Praxis-Check. Die vom bekannten Entwicklungsingenieur Axel Grell entwickelten geschlossenen In-Ear-Kopfhörer konnten mit aktiver Geräuschunterdrückung überzeugen. Die App-Anbindung war aber beim Prototypen noch nicht gegeben. Und bei der Gestensteuerung gab es noch Luft nach oben. Nun liegt das Serienmodell vor. Deshalb möchten wir es uns selbstverständlich nicht entgehen lassen Euch vorzustellen, inwiefern die zum Kauf erhältliche Geräteversion verbessert wurde.
Lieferumfang
Beginnen wir bei den Gemeinsamkeiten. Der kleine Karton, in dem die Grell TWS/1 ausgeliefert werden, ist nach wie vor vollständig aus Pappe und schlicht bedruckt. Hochglanzfolien und sonstigen Schnickschnack sucht man hier vergebens. Zum Lieferumfang gehören die In-Ears TWS/1, die sich mit vorgeladenen Akkus in einer stylischen Ladeschale aus Aluminium befinden. In zwei kleinen Pappbehältern finden sich außerdem vier unterschiedliche Paare Ohrpassstücke aus Silikon und Memory-Schaumstoff sowie ein 20 cm langes USB-Ladekabel. Neu ist, dass die Grell TWS/1 mittlerweile auch in der App „SoundID“ zu finden sind, mit deren Hilfe sich ihr Klang individualisieren lässt. Bis hierhin heißt es deshalb wie zuvor „Daumen hoch“ für den Lieferumfang.
Material und Aufbau der Grell TWS/1
Schauen wir auf die Technik. Hier hat sich wie zu erwarten zwischen dem Prototypen und dem Serienmodell nichts getan. Es ist deshalb beim durchaus beeindruckenden Technik-Mix geblieben, den diese In-Ears für den aufgerufenen Kaufpreis bieten. Eigens für diese In-Ears gefertigte, große Membrane mit 10,1 mm Durchmesser werden in den TWS/1 dynamisch angetrieben und befinden sich in IPX4 spritzwassergeschützten Gehäusen.
Zwei integrierte Mikrofone sorgen nicht nur dafür, dass mit diesen In-Ears auch Telefongespräche möglich sind. Die Mikrofone werden auch für die Noise-Cancelling-Funktion eingesetzt. Als aktive Geräuschunterdrückung (ANC) kommt Qualcomms Clear Voice Capture-Technik (cVc Noise Cancellation) zum Einsatz. Sie sorgt für eine bessere Sprachverständlichkeit bei Gesprächen via Smartphone. Das ANC-Feature kann durch einen aktiven EQ geregelt werden. Diese Technik wurde Axel Grell selbst entwickelt und hört auf den Namen „Noise Annoyance Reduction“ (NAR). Im Transparency-Mode wird schließlich von den Mikrofonen Außenschall aufgegriffen und in den Ohrhörern verstärkt wiedergegeben. Dadurch soll der Anwender trotz guter Schallisolation der In-Ears nach außen dennoch Umgebungsgeräusche gut hören können.
Technik der TWS/1
Auch wenn sich am Aufbau der In-Ears nichts geändert hat, gibt es zwischen dem Prototypen und dem Serienmodell eine Veränderung bei den technischen Werten. Zwar beträgt der maximale Schalldruckpegel nach wie vor 105 dBSPL und weist auf den satten Druck hin, den diese In-Ears liefern können. Die Angabe zum Frequenzbereich ihrer Audiowiedergabe wurde aber vom Hersteller korrigiert. Hier ist nicht länger von einem Bassbereich bis hinunter zu unfassbaren 4 Hz die Rede, sondern „nur“ noch von einer Wiedergabe bis zu immer noch beeindruckenden 6 Hz. Da der typische menschliche Hörbereich bei den tiefen Frequenzen bis 20 Hz oder höchstens 16 Hz reicht, dürfte das aber nur für die wenigen Blauwale unter uns von Interesse sein, die tatsächlich Infraschall wahrnehmen können. In der Praxis bedeuten solche Zahlen für den Käufer schlicht, dass die Wiedergabe dieser In-Ears innerhalb des hörbaren Bereichs bis in tiefste Tiefen hinab durchweg unverzerrt möglich ist.
Keine Veränderung gibt es dagegen bei der Bluetooth-Version, der Kompatibilität und den Codecs. Auch serienmäßig werden Bluetooth 5.2 mit iOS- und Android-Konnektivität geboten. Außer den Codec-Standards SBC und AAC sind auch der aptX-Codec und sein dynamisch agierendes Pendant aptX Adaptive sowie der für hohe Bitraten bekannte Low Latency High-Definition Audio Codec (LHDC) dabei.
Das TWS/1-Handling
Werfen wir einen Blick aufs Handling der Grell TWS/1. Ein wenig kontra-intuitiv fühlt es sich an, dass sich der rechte Ohrhörer links in der Ladeschale befindet und der linke Kopfhörer rechts. Das ist kein echtes Problem, führt aber beim ersten Gebrauch zu einer kurzen Verwirrung.
Durch die Bluetooth-5.2-Unterstützung beträgt die Reichweite der kabellosen In-Ears 50 Meter. Bis zu 45 Stunden Nutzung ohne und 34 Stunden mit aktiver Geräuschunterdrückung sind wirklich eine mehr als ordentliche Akkubetriebsdauer. Aufgeladen wird dann per USB-C-Ladekabel innerhalb von nur fünf Stunden. An der Formgebung der TWS/1 hat sich meiner Beurteilung nach nichts geändert. Die Ohrhörer des Serienmodells lassen sich problemlos in die Gehörgänge einführen. Dort sitzen sie sicher und aufgrund ihres geringen Gewichts unmerklich. Zuverlässiges Pairing und ein Sprach-Feedback sorgen für Benutzerfreundlichkeit.
Aufgrund der Touch-Flächen kann es beim Verrücken und Einpassen des linken In-Ear-Hörers durchaus dazu kommen, dass man als Nutzer beispielsweise den ANC- oder den Transparent-Modus aktiviert. Und auch beim Versuch der aktiven Steuerung bleibt es für mich mehr oder weniger Glückssache welchen Modus ich gerade wähle. Aber das möchte ich nicht den In-Ears allein anlasten. Anwender mit größerer Gerätekompetenz werden damit eventuell besser klarkommen. Auch mit der Mediensteuerung über die Touch-Fläche des rechten Ohrhörers habe ich so meine Probleme. Zwar lässt sich der digitale Assistent ab und an per Doppel-Touch aufrufen. Die grundlegenden Play/Pause- und Skip-Funktionen klappen dagegen so gut wie nie. Mit einer 2-3%igen Ausbeute bei den Steuerversuchen ist die Mediensteuerung des TWS/1 für mich deshalb zumindest im Bereich der Transportfunktionen nicht zu gebrauchen. Anders sieht das bei der Lautstärkeänderung aus. Sie wird auch über das rechte Touchpad geregelt und funktioniert tadellos. An den Fingerspitzen des Testers kann es deshalb nicht liegen.
Klang und Klangprofile der Grell TWS/1
Für das Installieren der Sound-ID-App hätte ich mir gewünscht, dass ein scanbarer Code zur Verfügung gestellt wird, der direkt zum Download im App Shop führt. Das ist leider nicht der Fall, aber eine Kleinigkeit. Einmal installiert, muss ein Account registriert werden. Daraufhin können die Kopfhörer der Sound-ID-App zugewiesen werden. Die Verbindung von App und In-Ears wird überraschenderweise begleitet von einem Bluetooth-Disconnect und -Connect. Nach dem ersten Schreck funktioniert die Verbindung aber einwandfrei und ein Firmware-Update auf die Version 2.3.0 kann geladen werden.
Danach kann anhand von Audio-Tracks in verschiedenen Musikstilen ein Klangvergleich beurteilt werden. Aus diesem ergibt sich dann ein Klangprofil, das auf den Kopfhörer übertragen wird. Meine Auswahl führt mich tatsächlich zu einer Sound-ID, mit der mir die TWS/1 klanglich noch besser gefallen als ohne. Außerdem lässt sich ein „flat mode“ für Studio-Sound aktivieren. Und auch individuelle EQ-Einstellungen können vorgenommen werden. Das aber macht einen Sound-Test schwierig. Ich beschränke mich deshalb im Weiteren auf das voreingestellte Klangverhalten.
Überzeugen können mich die Grell TWS/1 aber nach wie vor klanglich. Der in den Höhen fein auflösende Sound der In-Ears sorgt für eine angenehme Offenheit. In den Mitten werden auch Gitarren und Vocals differenziert wiedergegeben. Zwar ist (noch) keine Schärfe vorhanden, aber Rock, Alternative und Metal sägen mit diesen In-Ears schon ordentlich in die Gehörgänge. Anders sieht es bei Bar-Jazz-Stücken aus, bei denen jedes Detail hörbar wird. Vor allem Klassik profitiert von der Detailverliebtheit der Wiedergabe. Im Bassbereich sind die Knopfkopfhörer zwar dezent unterwegs, bilden aber bis in die Subbässe hinein sauber ab. Urban und Dance Music lassen sich deshalb hier voll ausreizen. Damit die Bässe zur Geltung kommen, muss aber zwingend die Sound-ID-App verwendet werden. Denn mit den Einstellungen im Auslieferungszustand sind sie für diese Art Musik schlichtweg zu dezent aufgestellt. Ach, bevor ich es vergesse: Beim Aktivieren der ANC-Funktion wird der Sound der TWS/1 wenig, aber doch deutlich basslastiger.
Technische Daten
- BauformIn-Ear
- Bauweisegeschlossen
- Wandlerprinzipdynamisch
- Audio-Übertragungsbereich (Hörer)6 - 22.000 Hz
- Schalldruckpegel (SPL)105 dB
- Gewicht ohne Kabelje 7,3 g, Case 62 g
- Kabellänge20 cm
Lieferumfang
- 3 Paar Silikon-Ohrpassstücke (S, M, L)
- 2 Paar Ohrpassstücke aus Memory Foam (M, L)
- USB-Ladekabel
- Lade-Case
Besonderheiten
- BT-Codecs: SBC, AAC, aptX, aptX Adaptive, LHDC
- BT-Version: 5.2
- Website des Herstellers inkl. Bezugsmöglichkeit: grellaudio.com
Hallo Carsten,
Aufgrund deines Tests und einigen zu den Grell TWS/1 bin ich neugierig geworden und habe mir auch welche bestellt.
Nach dem auspacken wurde natürlich gleich das Update auf die neueste Firmware 2.8.0.0 gemacht und über Sound ID alles eingestellt.
Von den beschriebenen Problemen ist absolut nichts mehr zu bemerken, es funktioniert jetzt wirklich alles sehr zuverlässig.
Zum Klang fehlen mir die Vergleiche, da ich bei weitem nicht die Möglichkeiten wie ihr Profis habe.
Aber was besseres habe ich in meinen 54 Jahren noch nie gehört!
Einen weiteren Test mit der neuesten Firmware hätte der Grell TWS/1 sicher verdient.
Sein volles Potenzial konnte er zum damaligen Zeitpunkt nämlich leider noch nicht zeigen.
Vielen Dank für eure Arbeit und macht weiter so…!
Die Touchbedienung ist schon mit dem 1. Update deutlich besser geworden.
Vorher war es Glückssache, ob ein Touch erkannt wurde oder nicht. Jetzt klappt das einwandfrei,
Hallo Carsten,
danke für den schönen Bericht. Sehr hilfreich bei meiner Überlegung, mir die Grell In-Ears zu kaufen.
Was mir aufgefallen ist: Wenn Du den Bericht chronologisch geschrieben hast, dann hast Du zunächst die Probleme mit der Steuerung festgestellt und danach erst die neue Firmware eingespielt. Kann es sein, dass die Probleme mit der neuen Firmware erledigt sind?
Hi Markus. Carsten hat einige Wochen nach dem ersten Test einen komplett neuen Grell TWS/1 erhalten. Hier traten die Probleme allerdings auch auf. Da der Kopfhörer inzwischen wieder zurückgeschickt werden musste, können wir leider nicht genau sagen, ob eine neue Firmware das Problem gelöst hat.