Die FreeBuds Studio überzeugen in Verarbeitung, Laufzeit, Ausstattung und Klang, wobei der nur wirklich exzellent und ausgewogen ist, solange das ANC deaktiviert bleibt. Dieses liefert zwar eine durchaus solide Arbeit ab, gerade durch die sich ständig anpassende Dynamik, bleibt aber aufgrund des starken Grundrauschens vor allem im Ultra-Modus hinter den Erwartungen und den Möglichkeiten zurück. Dass die optimale Leistung der FreeBuds Studio nur mit einem topaktuellen Smartphone aus eigenem Hause entfaltet werden kann, ist meines Erachtens ein Minuspunkt dieser Kopfhörer, die damit ihrer Zeit wohl etwas zu weit voraus sind, was aber nicht heißen soll, dass die Kopfhörer unter iOS oder einem älteren Android dramatisch schlechter klingen.
In schlichtem Schwarz oder Gold mit klaren Linien und modernster Ausstattung sind die FreeBuds Studio von Huawei zunächst einmal ein echter Hingucker in Form und Technik, die andere Bluetooth Over-Ears von Bose, Sennheiser und Sony als direkte Konkurrenz adressieren und – eh klar – auch übertrumpfen wollen. Damit das überhaupt gelingen kann, braucht man allerdings ein aktuelles Smartphone vom selben Hersteller.
Das Material
Plastik, Metallbügel, Kunstleder, drei Knöpfe. Daraus formt Huawei die FreeBuds Studio, die mit 260 Gramm auf dem Kopf eine gute Figur machen, wenn sie auch bei mir etwas rutschig sitzen und öfter mal nachgerückt werden müssen. Das Kunstleder an den Ohrmuscheln und am Kopfbügel ist ordentlich verarbeitet und anschmiegsam, trotzdem wird es darunter nach einiger Zeit etwas schwitzig an den Ohren. Das Tragegefühl ist aber – auch dank einiger druckausgleichenden Öffnungen und Kanäle – angenehm und leicht. Die metallenen Bügel zum Justieren fühlen sich wertig und robust an, sind leichtgängig und nicht gerastert. Entgegen üblicheren Formen laufen sie dabei nicht in eine Gabel aus, in die die Ohrmuscheln eingehängt sind, sondern versenken sich mittig in selbige hinein. Das sieht zwar sehr gut aus, hat aber für die Bedienung am Ohr mittels Wischgesten so seine Tücken, weil die Finger beim Streichen gerne mal die Metallenden berühren.
Die Fakten
Ausgestattet sind die Kopfhörer mit Bluetooth 5.2, das LE Audio und den Codec LC3 unterstützt, der ganz im Sinne der Zukunft besseren Klang bei geringerer Datenrate und viele weitere Verbesserungen bereitstellt. Huawei implementiert aber nicht den LC3-Codec, sondern zusätzlich zu SBC und AAC den eigenen L2HC High-Resolution Codec, der Datenraten von bis zu 960 KB/sec liefert, einen Frequenzbereich von 4Hz bis 48kHz übertragen kann und dabei sehr latenzarm ist, so dass Bild und Ton im Film und Gaming quasi synchron ablaufen. Wermutstropfen dabei: Für den L2HC-Codec benötigt man ein Huawei Phone mit mindestens EMUI 11.0, was die Auswahl auf das Mate 40 (das uns für diesen Test freundlicherweise von Huawei zur Verfügung gestellt wurde) und auf die P40-Serie beschränkt. Für alle weiteren Features, wie schnelles Koppeln und latenzarmes Gaming muss es mindestens EMUI 10.1 sein.
Beschränkt auf das Android-Betriebssystem ist auch die App „AI-Life“, die zu installieren sich lohnt, wenn man an die richtige Version kommt, die es nur in der Huawei-eigenen AppGallery gibt und nicht im allgemeinen PlayStore erhältlich ist. Mit dieser App-Version werden die FreeBuds Studio nämlich nicht erkannt.
Sind diese Hürden alle überwunden, kann man sich die FreeBuds Studio endlich aufsetzen.
Der Sound
Out of the Box klingen die FreeBuds Studio mit ihren dynamischen 40-mm-Treibern angenehm ausgewogen und offen. Die Abstimmung von den Tiefbässen bis zu den Höhen ist recht gelungen und bietet druckvollen und sehr gut durchdringbaren Sound, der knackig rasant auf der breiten Stereobühne auch kleine Details gut sicht- und ortbar macht. Diesem natürlichen Klang, der auch über längere Zeit nicht ermüdet, wird bei Aktivierung der Geräuschunterdrückung leider das Bassfundament entzogen, was zu einer deutlichen Verflachung führt und dann für meinen Geschmack nicht mehr so gut klingen will.
Das ANC
„Intelligent“ und „dynamisch“ nennt Huawei seine aktive Geräuschunterdrückung. Und tatsächlich, aktiviert man in der App die Dynamik, so wechselt sie bei unterschiedlichen Szenarien von „Gering“ über „Standard“ bis hin zu „Ultra“, je nach äußerer Lärmbelastung. Diese drei Stufen lassen sich jeweils auch dauerhaft schalten. Der Eindruck hinter dem Schallschutz dabei ist, dass vornehmlich die tiefen Frequenzen ausgelöscht werden, die hohen immer noch durchkommen. Das Tippen auf der Tastatur bleibt hörbar, wohingegen das Rumpeln der Straßenbahn verschwindet. Das war soweit erwartbar, aber es ist nicht so wirksam, wie angekündigt: Das ANC verhält sich in jeder Lage eher durchschnittlich. Auffällig beim Durchschalten der Grade ist das Eigenrauschen des Systems, das von „Gering“ zu „Ultra“ massiv ansteigt und in leisen Musikpassagen durchaus hörbar wird. Noch verrauschter wird es, sobald man den Aufmerksamkeits-Modus einschaltet, wenn also die nach außen gerichteten Mikrofone die Umgebungsgeräusche zu den Ohren durchstellen. Diesem Rauschen kann man etwas entgegenwirken, indem man den Schalter „Stimmen hervorheben“ in der App umlegt, dann klingt die Umgebung insgesamt etwas natürlicher. Seltsamerweise merkt sich die App oder der Kopfhörer diese Einstellung nicht. Das heißt, wenn die Awareness-Funktion aus- und wieder eingeschaltet wird, ist „Stimmen hervorheben“ grundsätzlich deaktiviert.
Die Details
Dank Bluetooth 5.2 können sich die FreeBuds Studio gleichzeitig mit zwei Endgeräten koppeln, was ziemlich gut funktioniert und es so ermöglich, fast nahtlos zwischen den Geräten hin und her zu springen. Stoppt z.B. auf dem einen Gerät die Musik, kann man auf dem anderen etwas Neues starten und umgekehrt. Gesteuert werden die FreeBuds Studio dabei mittels Tipp- und Wischgesten am rechten Ohrhörer, so dass eine vollumfängliche Fernsteuerung einschließlich Lautstärkeänderungen möglich ist. Das ist sehr zu begrüßen, da die Zuspieler so in der Tasche bleiben können.
In der App AI-Life lässt sich dafür noch genau eine Geste umdefinieren und das Verhalten des ANC-Knopfes am linken Hörer etwas einschränken, ansonsten zeigt der Punkt „Verknüpfungen“ lediglich die festgelegten Gesten an. Unter dem Punkt „Intelligente Trageerkennung“ kann man zudem einstellen, ob die Musik stoppt, wenn die FreeBuds abgenommen werden und nach erneutem Aufsetzen fortgesetzt wird. Unter anderem lassen sich dann noch Updates verwalten und die Suchfunktion einschalten. Insgesamt bietet die App ein recht ordentliches Paket, wobei sie mehr Individualisierbarkeit andeutet als tatsächlich ermöglicht.
Beim Telefonieren zeigt sich, dass sich die umfangreichen Maßnahmen zur Störgeräuschreduzierung durchaus lohnen – die Gegenstelle empfängt uns klar und wenig technisch klingend.
24 Stunden bei deaktiviertem ANC sollen die Freebuds Studio laufen, was durchaus realistisch ist, zudem verspricht eine zehnminütige Ladung eine weitere Laufzeit von acht Stunden. Ein rein passiver Betrieb der FreeBuds Studio ist dagegen nicht vorgesehen, da sie keinen Klinkenanschluss haben, über den ein analoges Signal eingespeist werden kann.
Technische Daten
- BauformOver-Ear
- Bauweisegeschlossen
- Wandlerprinzipdynamisch
- Audio-Übertragungsbereich (Hörer)4 - 48.000 Hz
- Gewicht ohne Kabel260 g
Lieferumfang
- USB-C-Ladekabel
- Lade-Etui
Besonderheiten
- in Schwarz und Gold erhältlich
- BT-Codecs: SBC, AAC, L2HC
- BT-Version: 5.2
Im direkten Vergleich zu den Bose QC35II, muss ich ganz klar sagen, dass das ANC besser ist.
Für meinen Geschmack natürlich, muss ich zur Einschränkung sagen.
Hinzu kommt, dass Huawei massiv Modellpflege mit Firmware Updates betreibt.
Das ist absolut vorbildlich.
Ich nutze im True Wireless Bereich ebenfalls ein paar Bose QC Earbuds und auch (weil’s für Unterwegs kompakter ist) ein Paar Freebuds Pro von Huawei.
Hier wurde, im Vergleich zum Bose, durch Firmware Updates, die Performance um einiges verbessert.
Ebenso wurde das ANC verbessert und auch das Grundrauschen wurde minimiert.
Da fehlt nur noch ein Hauch zu den QC Earbuds.
Klangempfinden ist ansonsten natürlich subjektiv.
Da ist jeder anders…
finde es peinlich das auf kopfhörer.de keine frequenz messungen gemacht werde.
Da diese Kopfhörer keinen analogen Anschluss besitzen, können wir sie leider nicht exakt messen.
Diese Köpfhörer haben keinen LC3 Codec an Bord – der Bluetooth 5.2 Standard hat die meisten Funktionen optional, und „LE Audio“ wird bisher von keinem Hersteller umgesetzt.