Die Jabra Elite 85t verhalten sich in der aktuellen Version etwas merkwürdig, da sie nur richtig gut klingen, wenn Advanced ANC aktiviert ist – das schmälert aber die mögliche Gesamtlaufzeit um ungefähr zwei Stunden. Auch werde ich mit der neuen ovalen Form der EarGels nicht glücklich.
Insgesamt sind die Elite 85t aber hervorragende True Wireless In-Ears, deren sanfte Evolution zwar nicht überall optimal, aber ordentlich vollzogen wurde. Und schlussendlich ist die App „Sound+“ immer noch das Pfund mit dem der Hersteller wuchern kann: So ein überzeugendes Gesamtpaket findet man nach wie vor nur bei Jabra!
Jabra entwickelt seine kabelbefreiten In-Ears in Zehnerschritten weiter und schickt nach den Elite 75t, denen eben noch ein ANC-Upgrade via Update spendiert wurde (zum Test), ab sofort die Elite 85t ins Rennen, die von Haus aus mit einer leistungsfähigeren adaptiven Geräuschunterdrückung versehen sind.
Alte Bekannte
Out of the box hat sich an der Formsprache sowohl der In-Ears als auch der Ladebox auf den ersten Blick überhaupt nichts geändert. Im direkten Vergleich mit den 75t haben die 85t aber deutlich an Volumen gewonnen. Das gilt sowohl für die In-Ears als auch für die Ladebox. Ein kurzer Blick in das Datenblatt erklärt die Zunahme: In den In-Ears verrichten sechs Mikrofone ihren Dienst (bei den 75t „nur“ vier), wovon allein vier davon für das sogenannte „Advanced-ANC“ genutzt werden. Dann ist die Größe der Treiber von vormals sechs auf zwölf Millimeter verdoppelt worden. Und die Akkus bieten mit 7,5 Stunden auch mehr Laufzeit – allerdings nur bei deaktiviertem ANC. Mit der aufwendigen Auslöschungstechnik soll der Betrieb der In-Ears bei 5,5 Stunden liegen, was die Box auf 19,5 Stunden netto ausdehnen soll – ohne ANC sogar auf satte 31 Stunden. Neu ist zudem, dass das Lade-Case nach Qi-Standard kabellos geladen werden kann.
Sowohl die Silikon-EarGels (S, M und L) als auch der Auslassöffnungen der Treiber haben eine neue Form erhalten. Und so sind die neuen Ohrpassstücke jetzt oval und nicht mehr rund, was dazu führte, dass mir die In-Ears ein paar Mal aus dem Ohr gefallen sind, weil sie sich nach einiger Zeit gelockert haben. Was auch immer das Problem zwischen meiner Ohranatomie und der neuen Form ist, die laut Hersteller nach Scans von tausenden Ohren gewählt wurde: Die Verbindung ist leider nicht mehr die optimalste für mich. Wenn die In-Ears aber sitzen, ist die mechanische Abschottung sehr gut, was ja der unerlässliche erste Schritt für eine gut wirkende adaptive Geräuschunterdrückung ist.
Das Koppeln via Bluetooth 5.0 verläuft problemlos und auch Multipoint mit zwei Quellen ist glücklicherweise auch wieder mit dabei. Mit der Unterstützung der Codecs AAC und SBC bleibt ebenfalls alles beim Alten, genau wie bei der Schutzklasse IPX4.
Ohne „Sound+“ – ohne mich
Ohne die App „Sound+“, die sowohl für iOS als auch Android zum Download bereitsteht, sind die Jabra Elite 85t zwar gut zu gebrauchen, aber mit der App wird alles besser, weil man fast jede Funktion anfassen und anpassen kann. Es werden Updates für die Hardware sowie neue Funktionalitäten über die App eingespielt und verwaltet. Zu nennen sei hier nur das Feature „MySound“, in welchem man ein individuelles Hörprofil erstellen kann, was den Grundcharakter der 85t stark verbessert, ohne dass man lange am EQ regeln muss. Dieser bietet fünf Bänder, zahlreiche Presets und auch eigene Setups können gespeichert werden. Es lassen sich beinahe alle Remote-Funktionen auf die linke und rechte Schaltfläche an den In-Ears verteilen und individualisieren, als da wären: Skip, Start/Stop, Anruf-Reaktionen und digitaler Assistent, ANC und HearThrough. Wobei die Lautstärke immer mit einem langen Druck auf die Schaltfläche reguliert wird. Diese vollständige Remote-Kontrolle hat den immensen Vorteil, dass das Smartphone stets in der Tasche bleiben kann. Nimmt man einen Stecker aus dem Ohr, stoppt die Musik und wird fortgesetzt, sobald der Stecker wieder eingesetzt wird – sogar dieses Verhalten kann man in der App ändern.
Mit „Find My Jabra“ gibt es eine Suchfunktion, die sich den letzten Punkt einer Verbindungstrennung merkt, so dass man weiß, wo man eventuell verlorene In-Ears suchen muss. Dazu kommen eine interaktive Darstellung der Steuerungsbefehle an den In-Ears und Links zur Dokumentation, die zum Zeitpunkt des Tests allerdings (noch) ins Leere liefen. Auch erweiterte Telefonfunktionen wie ein Mithörton, der die Lautstärke der eigenen Stimme am Ohr justiert, sind einstellbar. Zu guter Letzt gibt es einen Fokus-Modus, der verschiedene Sounds wie Regen, Brandung oder Wind abspielt, um sich beispielsweise besser konzentrieren oder entspannen zu können.
Sound+ ist meines Erachtens nach zurzeit die beste App, die man zu Kopfhörern dazu bekommt, weil sie so vollumfänglich angelegt ist und das Gesamtsystem vom Device zum In-Ear sinnvoll erweitert und veredelt.
Advanced ANC, HearThrough, Sound
In der App lässt sich das Advanced ANC in fünf Stufen regulieren, wobei es bei maximaler Abschottung nicht so phänomenal wirkt, wie es die Werbung verspricht. Die Auslöschung der tiefen Frequenzen fällt sofort auf. Rumpeln und Röhren am Straßenrand verschwindet, die mittleren und hohen Frequenzen finden allerdings ihren Weg durch das System und das ist soweit ein erwartbares Verhalten einer soliden Geräuschunterdrückung. Und genau so lautet das Fazit zum Advanced ANC: sehr solide, aber nicht überragend.
Das Grundrauschen bei Aktivität ist allerdings sehr gering und der Klang der Elite 85t ist bei zugeschaltetem ANC weich und voll. Der Bass nimmt viel Raum ein, drückt dabei aber nicht aufdringlich. Die Mitten sind gut zu durchdringen, wobei auch sie sehr raumgreifend sind – die Höhen kommen da manchmal nicht klar und rein zu Geltung, was mit dem EQ aber schnell geklärt ist. Trotzdem fehlt es etwas an Frische und Luftigkeit. Insgesamt ist die Abstimmung aber schlüssig und natürlich, dabei ermüdungsfrei und niemals unangenehm bei genügend Druck und Volumen.
Als Gegenläufer zum Advanced ANC gibt es dann das HearThrough. Das ist ein Transparenzmodus, der über die nach außen gerichteten Mikrofone (in fünf Schritten justierbar) Umweltgeräusche wieder an die Ohren lässt, die umso stärker hörbar sind, je höher der eingestellte Wert ist. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich dabei auch das Rauschen erhöht.
Am Ohr kann man zwischen ANC und ANC mit HearThrough hin und her schalten, in der App (und nur da) besteht aber auch die Möglichkeit, beide Funktionen zu deaktivieren. Dabei verändert sich der gesamte Klang der 85t tiefgreifend: Die Bässe und die Mitten treten weit zurück, die Höhen erhalten eine Überbetonung und der Klang wird dünn, was sich nur durch einen Equalizer-Einsatz halbwegs geradebiegen lässt. Ich finde diese klangliche Veränderung sehr unbefriedigend und hoffe, dass der Hersteller ein passendes Firmware-Update nachliefert, denn das Abschalten der Funktionen bringt ja laut eigenen Angaben zwei Stunden mehr Spielzeit mit sich.
Am Telefon
Gleich drei Mikrofone sollen sich um ein gutes und störgeräuscharmes Fernsprechen kümmern: In der Praxis heißt das, dass reger Straßenverkehr und laute LKWs sanft aber bestimmt zurückgedrängt werden und der eigenen Stimme genügend Raum lässt, um klar verstanden zu werden. Die bei mir zugeschaltete Funktion „Sidetone“ oder „Abhörton“ liefert mir meine eigene Stimme ans Ohr zurück, was das Gespräch für mich etwas natürlicher und lebhafter wirken lässt, obgleich auch der Rauschpegel ansteigt. Insgesamt aber gibt es beim Telefonieren überhaupt nichts zu bemängeln.
- 135,49 € *Zum Angebot
Technische Daten
- BauformIn-Ear
- Bauweisegeschlossen
- Wandlerprinzipdynamisch
- Audio-Übertragungsbereich (Hörer)20 - 20.000 Hz
- Gewicht ohne Kabelje 7 g, Case 45,1 g
- Kabellänge30 cm
Lieferumfang
- 3 Paar ovale Silikon-EarGels (S, M, L)
- USB-C-Kabel
- Lade-Case
Besonderheiten
- BT-Codecs: SBC, AAC
- BT-Version: 5.0
- BT-Profile: HSP v1.2, HFP v1.7, A2DP v1.3, AVRCP v1.6, SPP v1.2